Anforderungen an eine ärztliche Invaliditätsbescheinigung in der privaten Unfallversicherung
Autor:
Jürgen Wahl
Veröffentlich am:
16. Oktober 2025
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Eine private Unfallversicherung bezahlt im Normalfall, wenn ein Kunde durch ein plötzliches, von außen auf den Körper wirkendes Ereignis, also einen Unfall, eine dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigung davonträgt. So war es auch in einem Vertrag vorgesehen, um den es vor Kurzem in einem Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht (OLG) Dresden ging (Az.: 4 U 1213/24).
Im konkreten Fall hatte ein Mann seine Unfallversicherung verklagt. Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde.
Welcher (dauerhafte) Schaden ist auf welchen Unfall zurückzuführen?
Der Kunde der Gesellschaft war Anfang September 2020 zunächst auf seinem Balkon gestürzt. Dabei verletzte er sich an der rechten Hand, am rechten Arm und am Hinterkopf. Seinen Unfall meldete er der Versicherung am 11. 09.2020.
Am 23.09.2020 hatte der Mann zudem einen Fahrradunfall. Hierbei verletzter er sich die linke Hand, das linke Knie und brach sich den Daumen der linken Hand. Auch das er der Versicherung.
Diese Gesellschaft reagierte auf die Informationen mit mehreren Schreiben und teilte dem Kunden auch mit, welche Anforderungen die ärztliche Invaliditätsbescheinigung erfüllen muss und welche Fristen für deren Einreichung gelten. Entsprechend holte der Versicherungsnehmer zwischen dem 25.02.2021 bis 20.09.2021 mehrere ärztliche Gutachten und Berichte ein und legte diese seiner Assekuranz vor.
Erste Zahlung als Vorschuss
Weil absehbar war, dass die Leistungsprüfung durch die Gesellschaft länger als gewöhnlich dauern würde, zahlte die Versicherung dem Kunden für den ersten Unfall einen Vorschuss in Höhe von 1.000 Euro und für den zweiten einen Vorschuss von 2.000 Euro.
Später allerdings kam der Gutachter der Versicherung zu dem Ergebnis, dass der erste Sturz auf den Hinterkopf keine weiteren Schäden nach sich gezogen habe. Auch mit Blick auf den zweiten Unfall sei nicht von den unfallbedingten Dauerschäden an der Hand auszugehen. Basierend auf diesen Einlassungen lehnte die Assekuranz den ersten Leistungsantrag des Versicherungsnehmers ab. Bezüglich des zweiten Unfalls sprach sie keine Ablehnung aus.
Der Kunde wollte das nicht hinnehmen und klagte. Vor dem Landgericht Leipzig hatte er damit allerdings keinen Erfolg, da die vorgelegte Invaliditätsbescheinigung nicht den geltenden Vorgaben entsprochen habe. Auch damit war der Kunde nicht einverstanden und legte Rechtsmittel ein. Unter anderem argumentierte er dabei, dass der Versicherer mit der Zahlung der Vorschüsse seine Leistungspflicht anerkannt habe.
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Vorschuss der Versicherung ist nicht mit Schuldanerkenntnis gleichzusetzen
Das Oberlandesgericht Dresden kam jedoch zum gleichen Ergebnis wie die Vorinstanz und wies die Berufung zurück. Das Argument: Der ärztlichen Invaliditätsbescheinigung fehlte die Feststellung, dass die Invalidität unfallbedingt und von Dauer war: Vielmehr seien die Schädelprellung und der Daumenbruch, die auf die Unfälle zurückzuführen waren, gerade nicht dauerhaft. Die dauerhaften Schäden an der Hand wiederum gingen nicht auf den Unfall zurück.
Zudem stellte das OLG klar, dass die Vorschusszahlungen kein Anerkenntnis des Versicherers darstellten. Entsprechend war die Gesellschaft nicht daran gehindert, sich auf die fehlende Invaliditätsbescheinigung zu berufen. Die Mitteilungen über die Vorschusszahlungen zeigten lediglich die Erfüllungsbereitschaft des Versicherers, waren aber nicht als Schuldanerkenntnis zu verstehen.
Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Versicherungsrecht

Ob eine ärztliche Invaliditätsbescheinigung im Einzelfall den Anforderungen zur Vorlage bei einer privaten Unfallversicherung genügt, muss in jedem Einzelfall akribisch geprüft werden. Verweigert eine Assekuranz die Zahlung, weil die Bescheinigung (angeblich) nicht ausreicht, sollten Versicherungsnehmer einen auf Versicherungen spezialisierten Rechtsanwalt zu Rate ziehen.
