
ADHS-Diagnose: Wenn die Pflegekasse zahlt, ist auch die private Pflegetagegeldversicherung in der Pflicht
Konzentrationsprobleme. Hyperaktivität. Impulsives Handeln. Diese Symptome sind typisch für eine [...]
Autor:
Jürgen Wahl
Veröffentlich am:
5. Mai 2025
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Konzentrationsprobleme. Hyperaktivität. Impulsives Handeln. Diese Symptome sind typisch für eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) – und damit eine der häufigsten psychischen Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen. Experten schätzen, dass zwischen zwei und sechs Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland davon betroffen sind.
ADHS kann zur Pflegebedürftigkeit führen
Je nach Ausprägung leiden diese Kinder zum Teil unter massiven Verhaltens- und Lernproblemen. Der Betreuungsbedarf und die Herausforderungen für die Eltern sind entsprechend hoch.
In diesem Kontext hatte sich das Landgericht (LG) Krefeld mit einem Fall zu befassen, in dem ein Junge mit ADHS-Diagnose per Pflegegutachten den Pflegegrad III erhalten hatte. Daraufhin bewilligte die Pflegekasse ein monatliches Pflegegeld von 545,00 Euro sowie einen Entlastungsbetrag von bis zu 125,00 pro Monat.
Der Vater, der auch eine private Pflegetagegeldversicherung für seinen Sohn abgeschlossen hatte, verlangte von der Gesellschaft daraufhin die Zahlung des vereinbarten Satzes von 32,50 Euro pro Tag. Die Versicherung verweigerte die Leistung.
Sie argumentierte unter anderem, dass es ungewöhnlich sei, eine Pflegebedürftigkeit auf eine ADHS-Diagnose zu stützen. Zudem habe der Vater – unter anderem, weil er der Versicherung die Patientenakte seines Sohnes nicht überlassen hatte – seine Mitwirkungspflichten verletzt, so dass kein Leistungsanspruch bestehe.
Unwiderlegliche Vermutung erfüllt
Der Vater klagte gegen die Ablehnung – und bekam recht. Das LG Krefeld führte aus, dass die in den Versicherungsbedingungen enthaltene Regelung zum Nachweis der Pflegebedürftigkeit eine „im Ansatz unwiderlegliche Vermutung“ zulasten der Versicherung darstelle. Danach sollte es für den Nachweis der Pflegebedürftigkeit auch bei der Pflegetagegeldversicherung ausreichen, wenn ein für die soziale Pflegeversicherung erstelltes Gutachten sowie die Leistungszusage der Pflegeversicherung vorliegen.
Da diese Voraussetzungen im konkreten Fall durch das Gutachten des Medizinischen Dienstes und die Leistungszusage der Pflegekasse erfüllt waren, bejahte das Gericht den Leistungsanspruch der privaten Gesellschaft (LG Krefeld, Az.: 2 O 260/22). Der Mann erhielt das begehrte Pflegetagegeld für seinen Sohn.
Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Versicherungsrecht:
Enthalten Versicherungsbedingungen eine unwiderlegliche Vermutung, heißt das, dass ein bestimmter Sachverhalt als gegeben angenommen wird und ein Gegenbeweis nicht möglich ist. Sobald die in den Bedingungen genannten Voraussetzungen erfüllt sind, haben Versicherungsnehmer also automatisch ein Anspruch auf vereinbarten Leistungen.
Bei widerleglichen Vermutungen hingegen darf der Versicherer Gegenbeweise vorbringen. Ein erfahrener Anwalt kann Ihnen in beiden Fällen helfen, sich durchzusetzen, wenn die Versicherung zu Unrecht die Leistung verweigert.













