Berufsunfähigkeit eines im Krankenhaus angestellten Chirurgen

Versicherungsexperten empfehlen stets, dass bereits Berufsanfänger eine Versicherung gegen Berufsunfähigkeit [...]

Autor:

Jürgen Wahl

Veröffentlich am:

27. Juni 2025

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Versicherungsexperten empfehlen stets, dass bereits Berufsanfänger eine Versicherung gegen Berufsunfähigkeit abschließen, da die Beiträge in jungen Jahren meist deutlich niedriger sind als im fortgeschrittenen Alter. Diesen Rat nahm sich ein Arzt zu Herzen und schloss, als er gerade seine Facharztausbildung zum Chirurgen absolviert hatte, eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzschutz ab.

Dem Vertrag des Arztes lagen die besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung für die Heilberufe (: BB-BUZ Heilberufe) zugrunde. Darin war der Begriff der Berufsunfähigkeit folgendermaßen definiert:

„Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande ist, eine für ihn zulässige Tätigkeit als Arzt (…) auszuüben.“

Nach dem Ende seiner Ausbildung zum Facharzt arbeitete der Versicherungsnehmer eine Weile Oberarzt in einem Krankenhaus. Die Karriere des Chirurgen fand jedoch ein jähes Ende, als er sich beim Schlittschuhlaufen einen Trümmerbruch des linken Handgelenks zuzog.

Die Beeinträchtigungen aufgrund der Verletzung waren auch nach deren Ausheilen so gravierend, dass der Arzt bei seiner Versicherung die Auszahlung der vereinbarten BU-Rente beantragte. Zudem beendete dereinvernehmlich mit seinem Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit Krankenhaus, weil er berufsunfähig war.

Stattdessen nahm er einen Job als Gutachter beim medizinischen Dienst einer Krankenversicherung an.

Spezielle Klausel für Heilberufler wird Chirurg zum Verhängnis

Die Versicherung verweigerte die Zahlung der Rente an den Arzt jedoch, da der frühere Chirurg eine andere ärztliche Tätigkeit ausüben konnte und dies auch tat – nämlich die als Gutachter.

Der Arzt klagte, hatte aber keinen Erfolg. Weder das Landgericht noch das OLG Köln sahen die Voraussetzungen für eine Berufsunfähigkeitsrente als erfüllt an. Dabei argumentierten beide Gerichte mit dem Wortlaut des § 2 Nr. 2 BB-BUZ Heilberufe.

Ein verständiger Versicherter – und damit auch der betroffene Arzt – dürfe bei der Lektüre dieser Regelung nicht davon ausgehen, dass die bei Eintritt des Versicherungsfalls zuletzt und konkret ausgeübte ärztliche Tätigkeit versichert sei. Es komme nach dem insoweit unmissverständlichen Wortlaut der Bedingung nämlich (nur) darauf an, ob eine Tätigkeit als Arzt – nicht aber die erlernte und zuletzt ausgeübte Funktion (Oberarzt) oder die in einem bestimmten Fachgebiet angewandte Tätigkeit (Chirurg) – ausgeübt werden könne.

Erfasst waren im konkreten Fall daher auch Tätigkeiten eines Arztes z. B. im öffentlichen Gesundheitswesen, mithin auch die als Gutachter einer Versicherung. Für eine Verengung der Klausel auf eine Tätigkeit als Arzt im Sinne einer praktischen Ausübung der Heilkunde „am Patienten“ blieb danach kein Raum (OLG Köln, Az. 5 U 242/94)

Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Versicherungsrecht in Offenbach:

Ärzte genießen in vielen Versicherungsbranchen Vorteile. Wenn es darum geht, wann ein Arzt berufsunfähig wird, ist allerdings Vorsicht geboten Hier ergänzen die sogenannten Berufsklauseln die übliche Beschreibung der Berufsunfähigkeit und knüpfen den Leistungsfall an teils weitergehende, teils aber auch an engere Voraussetzungen. Im Ernstfall sollten Ärzte und Ärztinnen  daher zeitnah von einem Fachanwalt für Versicherungsrecht beraten lassen. Wichtig: Neben den Spezial-Klauseln für Ärzte und andere Heilberufler sind solche Berufsklauseln auch in weiteren Berufsgruppen verbreitet. Zu denken ist hier zum Beispiel an die Fluguntauglichkeitsklausel bei Piloten oder die Seetauglichkeit bei Kapitänen. Bei Konflikten mit der Berufsunfähigkeitsversicherung  sollten Fachkräfte aus solchen Berufen daher stets qualifizierten Rechtsrat bei einem Anwalt einholen.

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