Muss Ihre Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zahlen, wenn Sie aufgrund eines „Tennisarmes“ dauerhaft an der Verrichtung ihrer Arbeit eingeschränkt sind?
Berufsunfähigkeitszusatzversicherung
Urteil des OLG Hamm vom 17.07.2002, Az.: 20 U 185/01
Die Verletzung, dass man „einen Tennisarm“ habe, ist weitläufig bekannt. Hierbei handelt es sich im Grunde um eine Überdehnung der Bänder im Arm. Die korrekte Bezeichnung hierfür lautet: Epicodylitis lateralis humeri. Dies kann natürlich sehr schmerzhaft sein; besonders, wenn die Verletzung dauerhaft bestehen bleibt und Sie dadurch an der Verrichtung ihrer Arbeit einschränkt werden.
Genau so einen Fall hatte das OLG Hamm zu entscheiden. Dem Urteil (Az. 20 U 185/01) lag dabei folgender Sachverhalt zugrunde: Die spätere Klägerin arbeitete seit dem Jahre 1999 als Altenpflegerin. Während der Ausübung ihrer Tätigkeit erlitt sie die oben angesprochene Verletzung und war über fast ein Jahr lang krankgeschrieben. Gerade deshalb fühlte sie sich im Folgezeitraum zu 100% außerstande, ihren Job adäquat auszuüben. Auch eine innerbetriebliche Versetzung mit leichteren Arbeiten kam für sie nicht in Betracht. Zuvor hatte die Frau im Jahr 1992 eine Kapitallebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeitszusatzversicherung abgeschlossen. Hieraus forderte sie von ihrer Versicherung die Zahlung einer Jahresrente aufgrund der Verletzung und der daraus resultierenden dauerhaften Arbeitsunfähigkeit. Die Versicherung hingegen lehnte die Forderung jedoch ab, sodass es zum Rechtsstreit kam.
Das Gericht hatte zu klären, ob die der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zugrunde liegenden Besonderen Bedingungen der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (kurz: BB-BUZ) erfüllt waren, und die Frau tatsächlich einen Anspruch gegen die Versicherung hatte. In jeden BB-BUZ ist generell eine Regelung enthalten, nachdem eine Zahlungspflicht erst dann eintritt, sofern zumindest eine Einschränkung der Arbeitsausführung in Höhe von mindestens 50 % gefordert wird. Da die Versicherung eine solche Einschränkung durch den „Tennisarm“ nicht hinnehmen wollte, hatte das Gericht eine weitere Bestandsaufnahme vorzunehmen und bediente sich hierzu eines verständigen Arztes.
Gericht analysiert die Tätigkeiten im Beruf genau
Der Arzt attestierte der Frau in seinem Gutachten dass Arbeiten über Kopf mit dem Tennisarm schwer durchzuführen seien. Auch das feste Zupacken und angespanntes Arbeiten könnten zu Schmerzen führen. Ansonsten sei die Frau aber nicht an der Ausführung von anderen Arbeiten gehindert – lediglich schwerste körperliche Arbeit kam aus der Sicht des Mediziners die Frau nicht mehr in Frage. Zusätzlich zu diesem Gutachten analysierte das Gericht die genaue Tätigkeit der Frau: nach eigenen Angaben arbeite sie zu 50% als Haushaltshilfe und zu 50% in der ambulanten Pflege. Innerhalb der ambulanten Pflege hätte sie aber lediglich 12% Patienten mit schwerster Pflegebedürftigkeit. Für alle anderen Patienten könnte sie weiterhin die ambulante Pflege vornehmen.
Aufgrund dieser Angaben verwehrte das Gericht der Frau die Anerkennung einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit nach den zwischen ihr und der Versicherung geltenden BB-BUZ. Sie könne noch mindestens zu 70% im Betrieb agieren. Von einer Berufsunfähigkeit von gar 100% könne nicht die Rede sein. Konsequenterweise lehnte das Gericht einen Anspruch der Frau gegen ihre Versicherung ab.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Was bedeutet dieses Urteil für Sie?
Letztendlich kann man an dieser Stelle festzustellen, dass ein „Tennisarm“ zwar zu unangenehmen Schmerzen führen kann; eine Einstandspflicht Ihrer Versicherung wird in einem solchen Fall aber noch nicht ausgelöst.
Ihr Rechtsanwalt – Jürgen Wahl
Fachanwalt für Medizin- und Versicherungsrecht
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