Flugtauglichkeit und Flugunfähigkeit: Diese Anforderungen gelten für die Berufsunfähigkeit von Piloten
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung soll die finanziellen Nachteile abfedern, die einer Person [...]
Autor:
Jürgen Wahl
Veröffentlich am:
11. Juni 2025
Teilen:
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung soll die finanziellen Nachteile abfedern, die einer Person entstehen, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen ihrem zuletzt ausgebübten Beruf nicht mehr nachgehen kann. Soweit der Grundsatz.
Wer für seinen Beruf spezielle medizinische Anforderungen erfüllen muss, braucht in der Regel aber einen Vertrag, der den Versicherungsschutz an diese Besonderheiten anpasst. Zu diesen Berufen gehören zum Beispiel Ärzte, aber auch Piloten oder Kapitäne.
Piloten sollten daher eine Flugunfähigkeitsklausel in ihrem Vertrag haben, bei Kapitänen gilt dasselbe für die Seetauglichkeit. Der Grund: Flug- oder Seeuntauglichkeit tritt bereits dann ein, wenn der Pilot oder der Kapitän unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet, die sich grundsätzlich durch die Einnahme von Medikamenten oder den Einsatz von Hilfsmitteln ausgleichen lassen.
So entschied vor Kurzem etwa das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt, dass ein schwerhöriger Kapitän auch dann Anspruch auf Zahlung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit hat, wenn sich sein Hörvermögen durch ein gut eingestelltes Hörgerät wieder herstellen lässt. Der Grund: Die Vorgaben der Maritime-Medizin-Verordnung des Bundes verbieten dem Kapitän und anderen Besatzungsmitgliedern des Deckdienstes im Dienst eine Hörhilfe zu tragen (OLG Frankfurt, Az. 3 U 122/23).
Regelmäßige Check-Ups bei Piloten sind nötig, um Flugtauglichkeit zu erhalten
Auch wer hauptberuflich als Pilot arbeitet, muss sich in regelmäßigen Abständen einer speziellen Untersuchung (Medical) unterziehen. In deren Rahmen wird geprüft, ob der oder die Betreffende noch den strengen Anforderungen an die Flugtauglichkeit genügen, so dass die Fluglizenz des Piloten verlängert werden kann.
Grundsätzlich sollten BU-Versicherungen für Piloten daher eine sogenannte Loss-of-Licence-Versicherung mitumfassen. Sie nimmt eine Berufsunfähigkeit immer schon dann an, wenn durch ein nicht bestandenes Medical die Fluglizenz des Piloten erloschen ist. Und das kann schnell passieren.
Ein Pilot, der einen Herzinfarkt erlitten hat, wird sofort fluguntauglich, auch wenn er sich inzwischen wieder vollständig erholt hat. Auch einige weit verbreitete Atemwegserkrankungen, einem Leisten- oder Narbenbruche sowie Diabetes mellitus können bereits ausreichen, um einen Piloten als fluguntauglich einzustufen.
Psychische Gesundheit und psycho-physische Fitness bei Piloten im Militär
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die psychische Gesundheit. Ihre Bedeutung im Zusammenhang mit der Flugtauglichkeit führt leider noch immer zu Konflikten. So etwa im Fall eines Piloten der Bundeswehr, der aus psychischen Gründen als nicht mehr wehrfliegerverwendungsfähig eingestuft wurde. Seine Versicherung sah ihn dennoch nicht als berufsunfähig an und verweigerte die Zahlung, da bedingungsgemäß nur körperliche, nicht aber psychische Probleme versichert gewesen seien.
Mit diesem Argument konnte sie sich vor dem OLG Frankfurt allerdings nicht durchsetzen (Az. 3 U 102/02). Der Senat befand: Fluguntauglichkeit aus gesundheitlichen Gründen liegt bei Piloten im militärischen Bereich auch vor, wenn wegen mangelnder psycho-physischer Fitness eine Wehrfliegerverwendungsunfähigkeit festgestellt wird. Die psychische Geeignetheit ist daher im Kontext der Bundeswehrfliegerei streng mit der körperlichen Leistungsfähigkeit verwoben. Wegen dieser Verbundenheit konnte sich der Versicherer des Piloten nicht auf den vertraglichen Leistungsausschluss berufen und die Berufsunfähigkeit wurde bejaht.
Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Versicherungsrecht in Offenbach:
Das Zusammenspiel von Flugdienstuntauglichkeitsversicherungen bzw. Loss-of-Licence-Klauseln für Piloten und der klassischen Berufsunfähigkeitsversicherung ist komplex. Bei Konflikten mit den Versicherern sollte Betroffene daher möglichst früh einen spezialisierten Rechtsanwalt für Berufsunfähigkeit zu Rate ziehen.
