
Versicherung lehnt Nachzahlung zu Unrecht ab: Gericht klärt Reichweite der ärztlichen Invaliditätsfeststellung in der privaten Unfallversicherung
Autor:
Jürgen Wahl
Veröffentlich am:
19. November 2025
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Wenige Monate nach dem Unfall zeigt sich jedoch, dass der Unfall nicht nur orthopädische Beeinträchtigungen ausgelöst hat. Inzwischen leidet der Mann auch unter neurologischen Beschwerden. Er wird zunehmend von massiven Nervenschmerzen im verletzten Bein und in der lädierten Schulter gequält. Entsprechend fordert er von seiner Versicherung eine Nachzahlung, da sein unfallbedingtes Leiden inzwischen weitaus größer ist als von der Versicherung bemessen.
Dies Assekuranz allerdings weigert sich, auch für die neuropathischen Schmerzen aufzukommen, da diese nicht fristgerecht durch einen Arzt bescheinigt worden seien.
Der Fall wird streitig.
OLG Nürnberg mit kundenfreundlichem Ansatz
In erster Instanz wird die Versicherung mit ihren Argumenten noch gehört. Vor dem Oberlandesgericht Nürnberg allerdings wendete sich das Blatt zugunsten des Versicherungsnehmers.
Insbesondere verwarf das OLG die Argumentation der Gesellschaft, wonach die vorgelegten Atteste des Kunden nur die orthopädischen Schäden abdecken, während es für die behaupteten Nervenschmerzen eine eigene, fristgerechte neurologische Feststellung fehle. Der Senat betonte vielmehr, dass die eingereichte ärztliche Feststellung über eine Verletzung in einem bestimmten Körperbereich – hier Bein und Schulter – den gesamten betroffenen Bereich ausleichte. Die Versicherung sei dann verpflichtet, alle möglichen Folgeschäden in dieser Körperregion zu prüfen. Das schließe auch Schmerzsymptome mit ein, die eine direkte Folge der ursprünglichen Verletzung sein können.
Für Versicherungsnehmer bedeutet das. Sie müssen innerhalb der von den Versicherungen vorgegebenen Fristen nicht für jede einzelne Symptomatik ein separates Facharzt-Attest vorlegen. Die erste, rechtzeitige Meldung der Hauptverletzung genügt vielmehr, um den Leistungsfall für alle damit verbundenen Gebrechen in Gang zu setzen. Dies, so das OLG Nürnberg, gelte umso mehr, als die medizinische Frage, ob die Nervenschmerzen tatsächlich vom Unfall herrühren durch einen Sachverständigen zu klären seien (OLG Nürnberg, Az. 8 U 736/25)
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Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Versicherungsrecht in Offenbach:

Die gesundheitlichen Folgen eines Unfalls zeigen sich nicht immer sofort. Treten chronische Schmerzen oder andere Beschwerden erst mit Verspätung auf, gibt es oft Probleme mit der Versicherung. Vielfach lehnen die Gesellschaften eine Leistung in solchen Gestaltungen pauschal ab und verweisen auf die zum Teil sehr strikten Fristen zur Vorlage von Attesten. Dieser Praxis schiebt die Entscheidung des OLG Nürnberg erfreulicherweise einen Riegel vor.













