Unzulässiger Risikoausschluss in der privaten Krankenversicherung

Autor:

Jürgen Wahl

Veröffentlich am:

19. November 2025

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Anders als bei den gesetzlichen Krankenkassen gibt es in der privaten Krankenversicherung keinen sogenannten Kontrahierungszwang. Das bedeutet: (Potenzielle) Versicherungsnehmer, die sich um einen Vertrag bemühen, müssen sich zunächst einem Gesundheitscheck unterziehen. Bestehen Vorerkrankungen, dürfen die Gesellschaften den Vertragsschluss ablehnen oder die Prämien des Kunden mit Risikoaufschlägen versehen. Der Versicherungsschutz wird dadurch deutlich teurer.

So lagen die Dinge auch im Fall einer Versicherungsnehmerin, deren Fall vor Kurzem das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg zu entscheiden hatte.

Alles richtig gemacht – und dennoch Ärger mit der Versicherung?

Der 1971 geborenen Frau war bereits im Alter von einem Jahr der rechte Unterschenkel amputiert worden. Seither befindet sich die Patientin sich regelmäßig in ärztlicher Behandlung.

Im September 2011 schloss die Patientin, die inzwischen als verbeamtete Hochschulprofessorin arbeitet, einen private Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung ab. Im Vorfeld zeigte die Frau unter anderem an, dass sie sich zuletzt im Jahr 2010 zur Behandlung des Amputationsstumpfes bzw. zum Muskelaufbau in einer Rehaeinrichtung befunden habe. Sie wies zudem darauf hin, dass etwa alle drei bis fünf Jahre eine neue Prothese und alle drei Jahre eine orthopädische Behandlung erforderlich seien. Die Versicherung nahm sie trotzdem als Kundin an und versicherte die besonderen Risiken. Sie belegte die Frau wegen ihrer Vorerkrankungen aber einem Risikoaufschlag, der in einer Sondervereinbarung festgehalten wurde.

Neben dieser Sondervereinbarung lagen dem Vertrag die Allgemeinen Bedingungen für Beschäftige des öffentlichen Dienstes (AVB) zugrunde. Sie sahen unter anderem eine Einschränkung der Leistungspflicht bei auf Kur- und Sanatoriumsbehandlungen sowie mit Blick auf Rehabilitationsmaßnahmen der gesetzlichen Rehabilitationsträger vor.

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Erwartbare Behandlung in Fachkliniken

2018 wurde die Frau stationär in einer „Rehabilitations-Fachklinik für Neurologie und Orthopädie/Traumatologie“ versorgt. Zwei Jahre später folgte ein Aufenthalt in einer „Fachklinik für Orthopädie, Traumatologie und Sportmedizin“. Die Rechnungen der beiden Häuser über 3.518 Euro bzw. 9.686 Euro reichte sie bei ihrer Versicherung ein. Die allerdings lehnte diese die begehrte Erstattung ab, da Kur- und Sanatoriumsbehandlungen bzw. stationäre Rehabilitationsmaßnahmen in ihrem Tarif nicht versichert seien.

Die Professorin zog daraufhin vor Gericht und siegte sowohl vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth als auch vor dem OLG Nürnberg. Hier betonte der Senat insbesondere die Bedeutung der Sondervereinbarung, die die Professorin aufgrund ihrer Vorerkrankung mit dem Versicherer geschlossen hatte: Nicht nur hätte die Frau ihre Amputation und die Notwendigkeit weiterer Behandlungen ausdrücklich offengelegt, die Versicherung hatte dieses spezielle Risiko auch explizit in den Vertrag aufgenommen und durch einen Beitragszuschlag bezahlen lassen.

Sondervereinbarung schafft Vertrauensschutz

Auf Basis dieser Vereinbarung, so das Gericht, habe die Versicherungsnehmerin darauf vertrauen dürfe, dass der Versicherungsschutz gerade für die typischen Folgen der bekannten Vorerkrankung greift. Ein pauschaler Ausschluss von rehabilitativen Maßnahmen hingegen würde den Krankheitsschutz aushöhlen und die Sondervereinbarung praktisch wertlos machen (OLG Nürnberg Az.8 U 447/24).

Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Versicherungsrecht:

Das Urteil ist zu begrüßen und stärkt die Rechte von Versicherungsnehmern gegenüber ihrer privaten Krankenversicherung: Nimmt ein Gesellschaft einen Kunden trotz bestehender Vorerkrankungen gegen einen Beitragszuschlag als Versicherungsnehmer an, darf dieser zu Recht davon ausgehen, dass die Versicherung die (weitere) Versorgung dieser Erkrankung übernimmt und sie nicht auf Basis allgemeine Ausschlussklauseln verweigern darf.

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