Praktische Probleme der Grenzwertregelung in der Berufsunfähigkeitsversicherung
Kunden, die eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen, erhalten die vereinbarte Rente in der Regel dann, wenn sie zu mindestens 50 Prozent nicht mehr in der Lage sind, ihrem zuletzt ausgeübten Profession nachzugehen.
Diese strikte Grenzwertregelung kann im Extremfall also dazu führen, dass ein Versicherungsnehmer, der zu 49,9 Prozent berufsunfähig ist, keinerlei Leistungen erhält. Umgekehrt bekommen Kunden, die zu 50 Prozent berufsunfähig sind, dieselben Leistungen wie jene, die überhaupt nicht mehr arbeiten können.
Diese Gestaltung unterscheidet sich diametral von den Vorgaben bei anderen Produkten, die die Arbeitsfähigkeit versichern, wie etwa der Krankentagegeldversicherung. Hier erhält die versicherte Person nur Geld, wenn sie ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderen Erwerbstätigkeit nachgeht.
Hingegen kann auch der letzte Punkt, die anderweitige Beschäftigung, im Rahmen der BU zu Streitigkeiten führen.
Berufsunfähigkeit auch nach Umschulung?
Liegen nämlich die Voraussetzungen für einen Versicherungsfall vor, stellt sich in der Praxis oft die Frage, ob der Versicherungsnehmer ggfls. auf einen anderen zumutbaren Beruf verwiesen werden kann bzw. welche Folgen es hat, wenn er oder sie eine Umschulung absolviert.
Sieht der Tarif – anders als viele ältere Produkte – keine sogenannte abstrakte Verweisung vor, prüft die Versicherung dann allerdings nicht mehr, ob der Versicherte theoretisch eine andere Tätigkeit ausüben könnte. Stattdessen betrachtet die Gesellschaft nur die aktuelle beruflichen Situation.
Doch auch hier kommt es immer wieder vor, dass die Versicherungen und ihre Kunden unterschiedliche Auffassungen dazu vertreten, ob ein neuer Beruf mit dem alten (auch in sozialer Sicht) vergleichbar und dessen Ausübung dem Kunden zumutbar ist. Versicherungsnehmer sollten sich daher stets durch einen spezialisierten Rechtsanwalt beraten lassen, um ihre Ansprüche zu wahren.
Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Versicherungsrecht:
Die Grenzwertregelung in der Berufsunfähigkeitsversicherung wirkt auf den ersten Blick sehr klar, führt in der Praxis aber immer wieder zu Problemen. Denn um herauszufinden, ob ein Versicherungsnehmer Anspruch auf eine BU-Rente hat, ist nicht nur zu ermitteln, ob und in welchem Umfang es gesundheitliche Leistungseinschränkungen bezogen auf die konkrete Berufsausübung gibt. Zu prüfen ist auch, welchen Anteil die nicht mehr möglichen Tätigkeiten bezogen auf den gesamten Arbeitsaufwand haben. Hinzukommen, je nach Einzelfall, noch weitere Kriterien, sowie, etwa im Fall einer Fort- oder Weiterbildung, die Frage, ob sich der Versicherungsnehmer auf einen anderen Beruf verweisen lassen muss. Angesichts der horrenden Summen, die bei einer solchen Auseinandersetzung in Rede stehen können, sollten sich betroffene Versicherungsnehmer unbedingt juristisch beraten lassen.
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