Private Unfallversicherung: Grippeimpfung mit schwerer Nebenwirkung als Unfall?

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Das Guillain-Barré-Syndrom ist eine Nervenerkrankung, die mit extremer Muskelschwäche und Lähmungserscheinungen einhergeht. Letztere breiten sich oft von den Beinen nach oben aus, so dass die Betroffenen kaum noch gehen können. In schweren Fällen kann von den Ausfällen auch die Atemmuskulatur betroffen sein.

Obwohl die genauen Gründe für den Ausbruch der Krankheit noch nicht erforscht sind, geht die Medizin derzeit von einer Autoimmunkrankheit aus, die im Anschluss an Infektionen aber auch Impfungen auftreten kann.

Vor diesem Hintergrund ist auch ein Fall zu sehen, mit dem sich vor Kurzem das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf zu befassen hatte. Konkret ging es um die Klage einer Frau gegen ihre private Unfallversicherung.

Schwere Gesundheitsprobleme im Anschluss an die Impfung

Die Versicherungsnehmerin, die an Multipler Sklerose leidet, hatte im September 2017 eine Grippeschutzimpfung erhalten und wenig später das Guillain-Barré-Syndrom entwickelt.

Der Krankheitsverlauf war dramatisch: Binnen 48 Stunden entwickelten sich so schwerwiegende Lähmungen, dass die Frau zunächst auf eine Intensivstation und später in ein Universitätsklinikum verlegt und intubiert werden musste.

Durch die Behandlung besserten sich die Lähmungen zwar, selbstständig gehen kann die Patientin allerdings bis heute nicht mehr. Auch ein Faustschluss ist dauerhaft unmöglich. Zudem leidet die Versicherte an Harninkontinenz und ist zu 100 Prozent schwerbehindert.

Da ihre Unfallversicherung für den Fall der Vollinvalidität eine Zahlung von 225.000 Euro vorsieht, verlangte die Frau diese Summe von ihrer Assekuranz. Ihr Argument: Die Folgen der Impfung seien als Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen anzusehen, da sie „durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung“ erlitten habe.

Nachweis für Impfschaden nicht erbracht

Die Versicherung verweigerte die Zahlung. Sie argumentierte, dass kein Ursachenzusammenhang zwischen der Grippeschutzimpfung und dem Gesundheitsschaden der Versicherten bestehe. Zudem sei die Vorerkrankung der Frau jedenfalls zu mindestens 80 Prozent mitursächlich für das Auftreten des Guillain-Barré-Syndroms.

Sowohl das Landgericht Kleve als auch das OLG Düsseldorf folgten dieser Argumentation und verneinen einen Anspruch der Versicherten auf die Invaliditätsleistung (vgl. OLG Düsseldorf: Az.: 13 U 108/23).

„Wahrscheinlichkeit“ eines Zusammenhangs ist nicht ausreichend

Gestützt auf die Aussagen des Sachverständigen befand das Gericht: Da die saisonale Grippeschutzimpfung (wie jede andere Impfung) das Immunsystem stimuliere, komme sie zwar grundsätzlich als Ursache für das bei der Versicherten aufgetretene Guillain-Barré-Syndrom in Betracht. Eine statistisch relevante Häufung finde sich jedoch nicht, so dass – wie der Sachverständige geschlussfolgert hatte –gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse für eine Ursächlichkeit einer saisonalen Grippeschutzimpfung für das Auftreten des Krankheitsbildes fehlen.

Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass die Frau ihrerseits ein impfmedizinischen Kausalitätsgutachten vorgelegt habe, demzufolge ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Impfung und der Erkrankung als „wahrscheinlich“ eingeschätzt wurde.

Damit hatte die Versicherungsnehmerin den erforderlichen Beweis einer Kausalität zwischen Impfung und Schaden nicht erbracht. Die Versicherung blieb leistungsfrei.

Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Versicherungsrecht in Offenbach:

In der privaten Unfallversicherung muss der Versicherungsnehmer beweisen, dass er durch einen Unfall zum Invaliden geworden ist. Wenn zum Unfallzeitpunkt bereits eine Vorerkrankung vorlag, stellt sich stets die Frage, wie diese sich auf die Unfallfolgen ausgewirkt hat. Versicherungsnehmer sollten sich in solchen Konstellationen frühzeitig juristisch beraten lassen, um die Weichen für eine Auseinandersetzung mit der Versicherung von Anfang an richtig zu stellen.

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