Reiserücktrittsgrund – schwierige Schwangerschaft – RA J. Wahl holt Geld für geplatzten Urlaub zurück
Weil es seiner schwangeren Frau nicht gut geht, storniert ein Familienvater – auf ärztliches Anraten – den geplanten Urlaub in der Türkei. Als die Reiserücktrittsversicherung nicht zahlen will, nimmt er sich einen Anwalt, klagt und bekommt Recht.
Als ein junges Ehepaar im Anfang März 2022 von der dritten Schwangerschaft der Frau erfährt, ist die Freude groß. Als Geburtstermin errechnen die Ärzte den 02.11.2022.
Um vorher noch einmal Sonne zu tanken, bucht der Vater am 28.03.2022 für sich, seine Frau und die beiden Kinder einen Urlaub in der Türkei. Geplant ist die Reise für die Zeit vom 24.07. bis 22.08.2022.
Ist eine schwierige Schwangerschaft ein Reiserücktrittsgrund?
Nachdem seine Frau zunehmend mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hat, storniert der Versicherungsnehmer die Reise Anfang Juni allerdings und meldet direkt im Anschluss den Versicherungsfall bei seiner Reiserücktrittsversicherung, der HanseMerkur. Zur Begründung gibt er an, dass der Gynäkologe seiner Ehefrau mit Blick auf ihren schlechten Gesundheitszustand vom Antritt der gebuchten Reise abgeraten habe.
Am 18.08.2022 schrieb die Versicherung dem Mann daraufhin 289,08 Euro Steuererstattung gut. Die Regulierung des Versicherungsfalls – und damit die Erstattung der vollen Reisekosten in Höhe von gut 1500, Euro – lehnte sie aber ab. Das Argument: Die bloße Befürchtung einer Erkrankung oder von Komplikationen während der Schwangerschaft sei kein versichertes Ereignis.
Vertreten durch Rechtsanwalt Jürgen Wahl klagte der Versicherungskunde daraufhin – und erstritt vor dem Amtsgericht Hanau einen Sieg (Az. 35 C 90/23): Anders als die HanseMerkur sah das Gericht vorliegend durchaus einen Versicherungsfall im Sinne der Versicherungsbedingungen, denn ein versichertes Ereignis liegt gemäß Ziff. 2.4. auch bei Komplikationen während der Schwangerschaft vor.
Eindeutige Entscheidung des Gerichts
Zwar konnte die Ehefrau vorliegend nicht selbst von diesen Komplikationen berichten. Das Gericht gewann im Rahmen der Zeugenvernehmung jedoch den Eindruck, dass die junge Mutter die Fragen nicht vollständig erfassen konnte und zu einer positiven Schilderung ihres Gesundheitszustands während der Schwangerschaft neigte.
Ihr Gynäkologe, der vom Gericht ebenfalls als Zeuge gehört wurde, macht allerdings klar, dass die Schwangerschaft seiner Patientin nur bis Juli/August 2022 normal verlaufen. Danach habe er bei der Frau eine Eisenmangelanämie und einen deutlich zu niedrigem Blutdruck festgestellt. Beides habe der Patientin so sehr zu schaffen gemacht, dass sie aus ihrem Alltag herausgekommen sei. Die Kombination beider Diagnosen und das entsprechend schlechte Allgemeinbefinden der werdenden Mutter habe zur Feststellung der Reiseunfähigkeit geführt.
Auf Basis dieser Aussagen entschied das Amtsgericht Hanau, dass sich der Gesundheitszustand der damals Schwangeren erst im Juli/August 2022 derart verschlechtert hat, dass ihr aus medizinischen Gründen vom Antritt der Reise abgeraten werden musste. Hierbei handelt es sich um ein versichertes Ereignis i. S. von Ziff. 2.4 der zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen. Die HanseMerkur musste daher die vollen 1.510,92 Euro nebst Zinsen sowie die Anwaltskosten des Kunden bezahlen.
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