Reichweite und Grenzen der Suchpflicht bei Dienstunfähigkeit
Wenn ein Beamter aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann, also dienstunfähig wird, stellt sich oft die Frage, ob er vorzeitig in den Ruhestand zu versetzen ist. Damit ein solch weitreichender Schritt angemessen ist, müssen allerdings einige Voraussetzungen erfüllt sein.
Mehrstufige Prüfung
In einem ersten Schritt gilt es (in der Regel per ärztlichem Gutachten), die Dienstunfähigkeit des Beamten verbindlich festzustellen. Um für den vorzeitigen Ruhestand in Betracht zu kommen, muss der oder die Betreffende zudem eine gewisse Mindestdienstzeit absolviert haben. Außerdem hat der Dienstherr zu prüfen, ob sich die Dienstfähigkeit – etwa durch Maßnahmen zur Gesundheitsförderung oder Rehabilitation – nicht doch wiederherstellen lässt.
Weiterhin gilt es in solchen Fällen zu ermitteln, ob es dem Beamten (gesundheitlich) zuzumuten ist, auf einen anderen Dienstposten versetzt zu werden, statt eine (vorzeitige) Zurruhesetzung anzuordnen. Diese sogenannte Suchpflicht hinsichtlich einer anderweitigen Verwendung entfällt nur, wenn Betreffende so schwer erkrankt ist, dass er aus gesundheitlichen Gründen für sämtliche Dienstposten ungeeignet ist.
Wann das der Fall ist und wie weit die Suchpflicht des Dienstherrn reicht, ist allerdings immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. So auch in einem Fall, den vor Kurzem das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen zu entscheiden hatte (Az. 6 A 1964/22).
Eindeutiges Votum des Amtsarztes
Konkret ging es um einen Justizbeamten, der an einer Depression litt und deshalb zur Ruhe gesetzt worden war. Der Betroffene wollte das jedoch nicht hinnehmen und klagte mit dem Argument, sein Dienstherr habe der Suchpflicht nicht genügt und hätte zudem erst eine Eingliederungsmaßnahme durchführen müssen.
Mit diesem Ansinnen hatte der ausgemusterte Staatsdiener aber weder in erster noch in zweiter Instanz Erfolg. Da dem Mann durch einen Gutachter attestiert worden sei, dass ihm jegliches Restleistungsvermögen fehle, sei er damit für sämtliche Dienstposten gesundheitlich ungeeignet. Damit war die Suchpflicht des Dienstherrn entfallen.
Auch eine Eingliederungsmaßnahme war nicht erforderlich, da die Anordnung der Zurruhesetzung grundsätzlich nicht unter dem Vorbehalt steht, dass zuvor erfolglos ein Verfahren des betrieblichen Eingliederungsmanagements stattgefunden hat.
Das sagt der Fachanwalt für Versicherungsrecht:
Obwohl die Klage des Beamten im vorliegenden Verfahren nicht erfolgreich war, kann es sich lohnen, die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand zu überprüfen. Sie kann bei einer Verletzung der Suchpflicht unwirksam sein. Auch können dem Beamten oder der Beamtin Ansprüche auf Schadensersatz zustehen, wenn der Dienstherr nachweislich keine hinreichenden Bemühungen unternommen hat.
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