Berufsunfähiger Fußball-Profi: Konkrete Verweisung auf (deutlich) schlechter bezahlten Trainerjob ist unzulässig

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Wer es zum Profisportler bringt, verdient in der Regel ziemlich viel Geld in ziemlich kurzer Zeit. Dafür können solche Vorzeige-Athleten ihren Beruf oft nur für eine gewisse Zeit ausüben.

Das wirft die Frage auf, ob die Standard-Klauseln der Berufsunfähigkeitsversicherung auch dann Anwendung finden, wenn ein (hochbezahlter) Sportprofi aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in seinem ursprünglichen Job arbeiten kann.

Mit einem solchen Sachverhalt musste sich vor Kurzem das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe beschäftigen (Az: 12 U 34/24).

Im konkreten Fall ging es um einen ehemaligen Fußballtorwart, der während seiner aktiven Karriere gut verdient hatte: So brachte er es im Jahr 2011 auf knapp 385.000 Euro. 2012 verdiente er knapp 587.000 Euro und 2013 immerhin noch gut 434.000 Euro brutto. Im März 2014 beendete ein Meniskus-/Knorpelschaden im linken Knie seine Karriere allerdings abrupt, weswegen der Mann bei seiner Versicherung eine Berufsunfähigkeitsrente beantragte.

Der zuletzt ausgeübte Job entscheidet

Die Gesellschaft zahlte dem Kunden zunächst die vereinbarte BU-Rente von gut 2.000 Euro pro Monat. Im Oktober 2022 stellte sie die Zahlungen allerdings ein. Sie begründete diesen Schritt damit, dass der Versicherte inzwischen als Torwarttrainer arbeitete und ein Monatsgehalt von 7000 Euro erzielte. Auf diese Tätigkeit müsse er sich verweisen lassen. Der Anspruch auf die Rente sei daher nicht mehr gegeben.

Der Kunde bewertete den Sachverhalt naturgemäß anders. Seiner Meinung nach entsprach die neue Tätigkeit bei weitem nicht seiner alten Lebensstellung. Auch sein Gehalt sei wesentlich niedriger als sein früheres Salär.

Das wiederum ließ der Versicherer nicht gelten. Es sei bekannt, dass Profisportler ihren aktiven Status nicht ewig behalten könnten. Damit seien die in dieser Zeit erzielten Spitzengehälter kein dauerhafter Maßstab für die Lebensstellung.

Je besser das Gehalt, desto üppiger können die (hinnehmbaren) Einbußen sein

Der Fall wurde streitig. Vor dem Landgericht Karlsruhe erlitt der einstige Torwart noch eine Niederlage, das OLG Karlsruhe entschied dann aber zu seinen Gunsten.

Der Senat befand: Auch ein Profisportler, der seinen Beruf nicht bis Rentenalter ausüben könne, dafür aber in diesem Zeitraum ein sehr hohes Einkommen erziele, müsse sich darauf verlassen können, dass bei einer konkreten Verweisung auf einen anderen Job seine vormalige Lebensstellung gewahrt werde. Dies umfasse nicht nur die Wertschätzung, sondern auch das Gehalt. Zwar seien in solchen Konstellationen deutlich höhere Gehaltseinbußen hinzunehmen als bei Normalverdienern.

Stehe, wie vorliegend, aber ein Verlust von mehr als 75 Prozent des Bruttoeinkommens im Raum, sei die bisherige Lebensstellung des Versicherten jedoch spürbar beeinträchtigt und durch daher nicht mehr hinzunehmen.

Die Assekuranz muss die BU-Rente daher weiter auszahlen.

Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Versicherungsrecht:

Auch bei Profisportlern, die ihre extrem gut bezahlte Berufstätigkeit typischerweise nicht bis zum Rentenalter ausüben können, ist die bisherige Lebensstellung durch den zuletzt in gesunden Tagen ausgeübten Job geprägt. Eine Verweisungstätigkeit, die die bisherige Lebensstellung wahren soll, darf deshalb auch hinsichtlich der Vergütung nicht spürbar unter dem Niveau des zuletzt ausgeübten Berufes liegen.

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