Verweisung auf anderen Beruf: Wann droht Kunden nach einer Nachprüfung der Verlust der BU-Rente?

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Versicherer dürfen nach Anerkennung ihrer Leistungspflicht das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit regelmäßig überprüfen und ihre Kunden, je nach Vertrag, auch auf eine andere, vergleichbare Tätigkeit verweisen. Über die Details lässt sich im Einzelfall aber trefflich streiten.

Das Versicherungsvertragsgesetz erlaubt es Gesellschaften, in ihre Bedingungen eine Klausel aufzunehmen, dass eine Person nur dann berufsunfähig ist, wenn sie weder in ihrem herkömmlichen Beruf arbeiten kann noch eine andere Tätigkeit ausübt oder ausüben kann, die ihrer Ausbildung, ihren Fähigkeiten und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. Von dieser Verweisungsmöglichkeit machen die meisten Versicherer Gebrauch.

Die sogenannte konkrete Verweisung, die eine tatsächliche neue Berufsausübung erfordert, ist dabei besonders häufig. Weniger verbreitet ist die (für den Kunden ohnehin sehr negative) abstrakte Verweisung, bei der er sich auch auf einen nur theoretisch ausübbaren vergleichbaren Beruf verweisen lassen muss.

Viel Raum für Interpretationen

In jedem Fall muss die neue Tätigkeit allerdings den Kenntnissen und Fähigkeiten sowie der bisherigen Lebensstellung des Versicherten entsprechen. Das bedeutet allerdings keine Identität von alter und neuer Tätigkeit. Da der neue Beruf nur der bisherigen Lebensstellung „entsprechen“ muss, garantiert die Berufsunfähigkeitsversicherung in diesen Fällen also weder ein unveränderliches Einkommens- noch ein unverändertes Wertschätzungsniveau mit Blick auf die konkrete Tätigkeit. Gewisse Umstellungen hat der Versicherte hinzunehmen.
Doch wann sind „gewisse“ Umstellungen und Veränderungen im Berufsbild tatsächlich zumutbar? Und wann muss sich ein Versicherungsnehmer im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens auf einen anderen Beruf verweisen lassen?

Die Antwort auf diese Fragen hängen stark vom jeweiligen Einzelfall ab. Auch deshalb sollten sich Versicherungsnehmer in derartigen Konstellationen von einem Anwalt für Versicherungsrecht beraten lassen.

(Neues) Wissen verpflichtet

Besondere Vorsicht ist nach einem aktuellen Urteil geboten, wenn sie ein Kunde während seiner Berufsunfähigkeit fortgebildet hat und nun in der Lage ist, auch einen anderen als seinen ursprünglichen Beruf auszuüben. So entschied das Oberlandesgericht Nürnberg am 07.11.2022, dass eine Gesellschaft einen Kunden im Rahmen der Nachprüfung auch auf einen Beruf verweisen darf, den er nur deshalb ausüben kann, weil er nach Anerkennung der Leistungspflicht eine (freiwillige) Umschulung oder Weiterbildung absolviert hat. Die Versicherung darf für die Verweisung demnach auch eine Tätigkeit berücksichtigen, die die versicherte Person aufgrund von Kenntnissen und Fähigkeiten ausübt, die sie nach Eintritt des Versicherungsfalls hinzuerworben hat.

Dem stehe nicht entgegen, dass die Allgemeinen Versicherungsbedingungen den Versicherungsnehmer nicht zum Erwerb neuer beruflicher Fähigkeiten verpflichten, so das Gericht. Ebenso wenig sei der Versicherte aus sonstigen Gründen verpflichtet, eine Fortbildung oder Umschulung zu absolvieren. Wenn er es aber doch tue, müsse er die neu erworbenen Tätigkeiten auch einsetzen – selbst, wenn er dadurch seine BU-Rente verliert (OLG Nürnberg, Az. 8 U 2115/20).

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