Vertragsauslegung: Was gilt, wenn die Versicherungsbedingungen nicht gelten?

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Wer Schmuck und Bargeld nicht im Tresor verwahrt, riskiert den Schutz der Hausratversicherung. Doch wer legt fest, welchen Anforderungen ein solcher Tresor genügen muss?

Erst ein Einbruch, dann auch noch Streit mit der Hausratversicherung: Eine solche Reihung unerfreulicher Ereignisse ist leider keine Seltenheit. So auch im Fall eines Mannes, in dessen Privaträume Diebe eingedrungen waren. Sie stahlen unter anderem 19 000 Euro in bar sowie den 44 Kilogramm schweren Tresor, in dem das Geld verwahrt war.

Der Kunde meldete seiner Versicherung sowohl den Einbruch als auch den Diebstahl. Die Gesellschaft allerdings weigerte sich, das gestohlene Bargeld in vollem Umfang zu ersetzen. Zur Begründung verwies sie auf die allgemeinen Versicherungsbedingungen. Dort heißt es, dass sich der Versicherungsschutz für Bares auf maximal 1500 Euro beschränkt, wenn das Geld außerhalb eines anerkannten und verschlossenen Wertschutzschranks aufbewahrt wird. Entsprechend zahlte die Versicherung dem Einbruchsopfer auch nur 1500 Euro. Auf der Differenz von 17 500 Euro blieb der Mann sitzen. Er klagte und argumentierte unter anderem damit, dass die Versicherungsbedingungen nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden seien.

Erst Sieg, dann Niederlage

Vor dem Landgericht Lüneburg hatte er damit zunächst Erfolg. Das Oberlandesgericht Celle allerdings kassierte das erstinstanzliche Urteil und entschied zugunsten der Versicherung (Az. 8 U 260/21).

Das Argument: Selbst für den Fall, dass die Versicherungsbedingungen nicht Bestandteil des Vertrages geworden sein sollten, sei eine ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen. Diese müsse sich, ebenso wie die Auslegung und Inhaltskontrolle von Allgemeiner Geschäftsbedingungen, an einem objektiv generalisierenden Maßstab ausrichten und am Willen und Interesse der typischerweise beteiligten Verkehrskreise orientieren.

Um das zu gewährleisten, seien auch die die Regeln im Versicherungsschein heranzuziehen. Danach betrug im konkreten Fall die „Entschädigungsgrenze (außerhalb von Wertschutzschränken) für Bargeld (und auf Geldkarte gespeicherte Beträge) 1.500 Euro (…)“

Musterbedingungen des GDV dienen als Auslegungshilfe

Wie der Begriff des Wertschutzschrankes zu verstehen sei, lasse sich dabei sämtlichen marktüblichen Versicherungsbedingungen entnehmen. Auch Ziffer A 18.2 der Musterbedingungen des GDV (Stand: 26.05.2017) zu den VHB 2016 definiert Wertschutzschränke – und zwar als Sicherheitsbehältnisse, die durch eine bestimmte Stelle anerkannt sind. Freistehende Tresore müssen zudem ein bestimmtes Mindestgewicht aufweisen. Bei einem geringeren Gewicht müssen sie nach den Herstellervorschriften fachmännisch verankert oder in der Wand oder im Fußboden bündig eingelassen sein.

Im konkreten Fall habe der Tresor des Geschädigten diesen Anforderungen nicht genügt, da er weder von einer Prüfstelle anerkannt war noch in der Wand oder im Fußboden verankert war. Das Gericht sah vor diesem Hintergrund keine unbillige Benachteiligung des Kunden, der sich angesichts dessen mit dem Erstattungshöchstbetrag bescheiden musste. Wertschutzschränke, die durch eine oder zwei Personen ohne Weiteres aus der Wohnung getragen werden können, stellten auch aus Sicht des Versicherungsnehmers keine derart sicheren Maßnahmen dar, dass er mit einem besonderen Versicherungsschutz rechnen dürfe.

Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Versicherungsrecht:

Zwischen Kunden und Versicherungen kommt es immer wieder zum Streit über die Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Sie haben Zweifel, ob Ihre Versicherung sich auf eine für Sie nachteilige Klausel berufen kann? Dann vereinbaren Sie jederzeit einen Beratungstermin in meiner Kanzlei für Versicherungsrecht.

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