Männer haften (nicht) für ihre Frauen

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Darf eine private Krankenversicherung den Vertrag eines Kunden kündigen, weil dessen mitversicherte Ehefrau die Gesellschaft betrogen hat? Diese Frage hatte vor Kurzem das Oberlandesgericht Nürnberg zu entscheiden. Das Urteil dürfte bei vielen für Aufatmen sorgen.
Am Anfang jeder Ehe steht das Versprechen, in guten wie in schlechten Tagen füreinander einzustehen. Aber muss ein Ehemann sich deshalb auch das betrügerische Verhalten seiner Gattin zurechnen lassen – und dafür die versicherungsrechtlichen Konsequenzen tragen? Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg hat diese Frage gerade verneint (Az. 8 U 49/20).

Zwei falsche Rechnungen pro Jahr

Im konkreten Sachverhalt hatte der Mann im Jahr 1984 eine private Krankenversicherung abgeschlossen, seine Ehefrau war bei ihm mitversichert. Zwischen 2010 und 2018 reichte die Dame bei der Versicherung 16 falsche Rechnungen zur Erstattung ein und erhielt dafür insgesamt 2114,05 Euro. Auch der Mann selbst verhielt sich nicht korrekt: Nachdem er für die Anschaffung einer Brille 155 Euro erstattet bekommen hatte, brachte der die Sehhilfe zum Optiker zurück und bekam von diesem den Kaufpreis in Höhe von 631,50 Euro zurück. Das jedoch verschwieg er seiner Versicherung.
Als die Gesellschaft die Täuschungen aufdeckte, kündigte sie den Krankenversicherungsvertrag. Der Mann, der sich das Verhalten seiner Frau nicht zurechnen lassen wollte, klagte dagegen. Sein Argument: Er sei weder an der Fälschung der Rechnungen durch seine Gattin beteiligt gewesen noch habe er davon gewusst. Mit Blick auf eigenen Fehlverhaltens treffe ihn allenfalls der Vorwurf von Fahrlässigkeit. Die Kündigung seiner Versicherung sei daher nicht rechtens.

Versicherung unterliegt auch in zweiter Instanz

Bereits in der ersten Instanz war das Landgericht Nürnberg der Argumentation des Kunden gefolgt. Die geprellte Versicherung wollte das jedoch nicht hinnehmen und ging in die Berufung. Sie stellte sich auf den Standpunkt, die Frau habe durch das eigenständige Einreichen von Arztrechnungen „originäre Rechte“ und Pflichten des Mannes wahrgenommen. Auf diese Weise sei sie zu seiner „Repräsentantin“ geworden, so dass dieser sich ihr Verhalten zurechnen lassen müsse. Das ergebe sich daraus, dass die Repräsentantenstellung nicht teilbar sei und sich nicht nur auf den Vertragsteil der versicherten Person beschränken lasse.

Strenge Anforderungen an den Begriff des Repräsentanten

Das OLG sah das anders. Zunächst betonte das Gericht, dass eine allgemeine Wissenszurechnung unter Ehegatten grundsätzlich nicht stattfindet, sondern nur dann greifen kann, wenn und soweit die Voraussetzungen des Repräsentantenbegriffs erfüllt seien. Diese seien aber ausgesprochen streng und vorliegend nicht erfüllt.
Denn Repräsentant ist, wer in dem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist. Repräsentant kann damit nur eine Person sein, die bei Würdigung der Gesamtumstände befugt ist, selbständig in einem nicht ganz unbedeutenden Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln.
Im vorliegenden Fall sei das gerade nicht der Fall gewesen. Die Frau haben nicht für ihren Mann, sondern für sich selbst gehandelt. Da der Gatte sich um die Erstattungsanträge seiner Frau nicht gekümmert und die eingereichten Rechnungen weder mit ihr besprochen noch eingehende Erstattungsbeträge hinterfragt habe, ließen sich die Geschäftsbereiche der beiden klar abgrenzen. Die Frau habe erkennbar für sich selbst und nicht für ihren Mann, den eigentlichen Versicherungsnehmer gehandelt.
Die eigene Pflichtverletzung des Mannes habe damit allein darin bestanden, seiner Versicherung die Rückabwicklung des Brillenkaufs zu verschweigen. Das allein rechtfertige allerdings keine Kündigung des Vertrags. Der Versicherer hätte lediglich eine Abmahnung aussprechen dürfen, so der Urteilsspruch der Richter.

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