Wohngebäudeversicherung: Rechts-Links-Schwäche als grobe Fahrlässigkeit?

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Kurz bevor sie die Wohnung verlässt, dreht eine Frau den Knopf an ihrem Herd in die falsche Richtung. Dadurch schaltet sie das Gerät an, statt aus. Es kommt zu einem Brand, die Versicherung streicht die Leistungen zusammen. Zu Recht?

„Führt der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig herbei, ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen.“ So steht es in Paragraf 81 Absatz des Versicherungsvertragsgesetzes. Doch wann liegt eine solche grobe Fahrlässigkeit vor?
Mit dieser Frage musste sich vor Kurzem das Oberlandesgericht (OLG) Bremen befassen (Az.: 3 U 37/21).
Es ging dabei auch um die Frage, welche Vorsichtsmaßnahmen die Kunden einer Wohngebäudeversicherung treffen müssen, bevor sie ihre Immobilie verlassen. Im konkreten Fall war in der Wohnung einer Frau aus Bremen ein Brand ausgebrochen. Der Grund: Sie hatte, bevor sie das Haus verließ, die Herdplatte nicht ausgeschaltet, sondern den Drehknopf an ihrem Elektroherd versehentlich so eingestellt, dass er auf höchster Stufe stand.
Ihre Wohngebäudeversicherer regulierte den Schaden deshalb nur zu 75 Prozent. Die Zahlung der restlichen 8.962,48 Euro lehnte sie ab, weil die Kundin grob fahrlässig gehandelt habe.

Von einfacher und grober Fahrlässigkeit

Die Versicherungsnehmerin klagte gegen diese Entscheidung und hatte zunächst Erfolg. Das Landgericht Bremen wertete ihr Verhalten zwar als fahrlässig, aber nicht grob fahrlässig, da sie den Kochvorgang mit dem vermeintlichen Ausschalten der Herdplatte habe beenden wollen. Aus diesem Grund liege hier kein „typischer so genannter Herdplattenfall“ vor, in dem jemand nach Einleitung des Koch- oder Bratvorgangs das Koch- oder Bratgut bewusst oder unbewusst auf dem eingeschalteten Herd zurücklasse. Die Frau habe daher die gebotene Sorgfaltspflicht nicht in einem „ungewöhnlich hohen Maße“ verletzt.
In der zweiten Instanz wendete sich das Blatt. Das OLG folgte der Argumentation des Versicherers und hob die Entscheidung der Vorinstanz auf. Die Richter befanden, dass die die Kundin sowohl in objektiver als auch in subjektiv unentschuldbarer Weise gegen ihre Sorgfaltspflicht verstoßen habe.
Angesichts der besonderen Gefährlichkeit eines in Betrieb befindlichen Elektroherdes habe die Frau die Pflicht gehabt, sich zu vergewissern, dass der Herd tatsächlich – wie von ihr beabsichtigt – ausgeschaltet war. „Eine solche Vergewisserung war auch einfach, schnell und unproblematisch möglich, entweder durch einen Blick auf die Drehknöpfe (bei modernen Geräten auf das Display) oder auf den farblichen Zustand der Ceranfelder“, heißt es in der Urteilsbegründung.

Keine Anhaltspunkte für „Augenblickversagen“

Auch konnte das Gericht keine besonderen Umstände erkennen, die dieses „momentane“ Versagen der Frau in einem anderen Licht erscheinen lassen. Weder sei eine besondere Eile erkennbar gewesen, noch habe sich die Kundin in einer Notsituation befunden. Vor diesem Hintergrund sei die Kürzung der Versicherungsleistung um 25 Prozent angemessen.

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