Job im Back-Office ist nicht gleichwertig mit Verkaufsposition auf Provisionsbasis

Nachdem ihm im Jahr 2011 ein Nierentumor entfernt wurde, leidet [...]

Autor:

Jürgen Wahl

Veröffentlich am:

26. Dezember 2024

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Nachdem ihm im Jahr 2011 ein Nierentumor entfernt wurde, leidet ein bis dahin erfolgreicher Autoverkäufer an schweren Depressionen. Seine auf Provisionsbasis vergütete Arbeit beim BMW, die er – bis zu seiner Erkrankung – mit großem Engagement ausgeübt hatte, wird zunehmend zur Qual und belastet seine Gesundheit zusätzlich.

Aufgrund der immensen Kundenorientierung, des Verkaufsdrucks und seiner provisionsbasierten Bezahlung hatte der Mann in gesunden Tagen oft auch an Wochenenden Kundentermine wahrgenommen, ohne dies (damals) als Belastung zu empfinden. Nun allerdings war an ein solch straffes Programm nicht mehr zu denken: Insbesondere die Anspannung während des Verkaufsgesprächs, Konzentrationsprobleme und wachsende Unsicherheit führten immer häufiger zu Fehlern und unangenehmen Situationen. Selbst in Ruhephasen (zum Beispiel nachts oder an arbeitsfreien Tagen) konnte sich der Mann sich nicht mehr erholen.

Trotz aller Bemühungen keine Rückkehr zum Status quo

Zwar hatte er über mehrere Jahre hinweg diverse stationäre und ambulante Behandlungen erhalten. Die beschriebenen Beschwerden blieben jedoch bestehen.

Entsprechend stellte der Mann im Januar 2016 einen Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente. Seine Versicherung, die Generali Lebensversicherung AG, verweigerte jedoch die Zahlung.

Sie verweis dabei darauf, dass der Kunde mittlerweile eine neue Verwendung beim selben Arbeitgeber gefunden hatte und dort nun vollständig im Back-Office arbeitete. Da diese Tätigkeit mit seinem ursprünglichen Job vergleichbar sei, müsse er sich darauf verweisen lassen und könne keine Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung beanspruchen.

Zahlen lügen nicht

Der Versicherungsnehmer klagte gegen die Ablehnung der Generali Lebensversicherungs AG und erstritt, vertreten durch Rechtsanwalt Jürgen Wahl, einen Sieg vor dem Landgericht Darmstadt (Az. 4 O 37/18).

Die Kammer folgte der Argumentation des Klägers, dass die neue Arbeit mit der ursprünglich ausgeübten Tätigkeit als Verkäufer weder nach Qualifikation bzw. Ausbildung noch im Hinblick auf Erfahrung, Vergütung und sozialer Wertschätzung vergleichbar sei. Dies zeige sich nicht zuletzt an der Vergütung: Während der Versicherungsnehmer von 1999 bis 2016 durchschnittlich etwa 85.000 Euro pro Jahr verdient habe, betrage sein Einkommen nun nur noch ca. 47.000 Euro plus Erfolgsbeteiligung.

Damit scheide eine Verweisung auf diese Tätigkeit aus, da diese nicht der bisherigen Lebensstellung des Klägers in gesunden Tagen entspricht. In dem Tätigkeitswechsel lag vielmehr ein spürbarer wirtschaftlicher Abstieg, abgesehen davon, dass die aktuelle Tätigkeit nicht seinem vormals bestehenden sozialen Status im Unternehmen entspricht.

Da die medizinischen Sachverständigen zudem die gesundheitlichen Probleme und deren negative Auswirkungen auf seinen ursprünglichen Job bestätigten, verurteilte das Gericht die Generali zur Zahlung der geschuldeten Berufsunfähigkeitsrente bzw. der Nachzahlung der zu Unrecht einbezahlten Summen zzgl. Zinsen.

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