Krankentagegeld: Darf eine Gesellschaft die Zahlung verweigern, wenn der Kunde seine Krankenversicherung nicht mehr zahlt?
Wer seine private Krankenversicherung nicht bezahlen kann und daher im Notlagentarif versichert ist, muss trotzdem damit rechnen, dass die Gesellschaft sich an anderer Stelle ihr Geld zurückholt.
Gas. Strom. Lebensmittel. Die Inflation in Deutschland bleibt auf Rekordniveau und bringt immer mehr Menschen in Schwierigkeiten. Der eine oder andere dürfte daher auch Probleme bekommen, die oft horrenden Beiträge sei seiner privaten Krankenversicherung zu bestreiten.
In der Regel werden die Gesellschaften in solchen Fällen erst einmal mahnen. Zahlt der Kunde weiterhin nicht, besteht zudem die Möglichkeit, ihn in den sogenannten Notlagentarif zu überführen. Dieser deckt nur noch die medizinische Grundversorgung ab, kostet aber auch deutlich weniger als eine normale Krankenvollversicherung.
In einem aktuellen Fall, den jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden musste, war ein Versicherer im Fall eines Kunden allerdings noch deutlich kreativer geworden. Da der säumige Privatpatient bei der Gesellschaft mehrere Verträge führte, rechnete die Assekuranz die noch offenen Beitragsforderungen aus der Krankenvollversicherung mit dem Anspruch des Kunden auf Krankentagegeld auf.
Der Versicherte wollte das nicht hinnehmen. Er klagte – und verlor.
Aufrechnung von Beitragsforderungen aus verschiedenen Verträgen
Die Richter des BGH befanden: Die private Krankenversicherung darf die rückständigen Prämienforderungen aus einer Krankheitskostenversicherung gegen bestehende Krankentagegeldansprüche des Versicherungsnehmers aus einem anderen, selbstständigen Vertrag aufrechnen (Az. IV ZR 99/20). Eine solche Aufrechnung sei selbst dann möglich, wenn in der Krankentagegeldversicherung keine Beitragsrückstände zu beklagen seien.
Für den Kunden ist diese Entscheidung aus mehreren Gründen misslich: Nicht nur muss auf die eingeplanten Leistungen aus seiner Krankentagegeldversicherung verzichten. Da durch die Aufrechnung auch seine Beitragsschulden in der Krankenvollversicherung beseitigt sind, darf er auch nicht mehr im Notlagentarif bleiben, sondern muss wieder in seinen alten, deutlich teureren (wenn auch leistungsstärkeren) Tarif wechseln.
Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Versicherungsrecht:
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