Arbeits- oder berufsunfähig – das ist hier die Frage

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Will eine Krankentagegeldversicherung für einen Kunden nicht mehr zahlen, weil dieser vermeintlich berufsunfähig ist, muss die das beweisen – oder ihre Leistungen weiter erbringen.
Jeder Berufsunfähige ist krank, aber nicht jede Kranke berufsunfähig. Bleibt die Frage, wo die Grenze zwischen einer (vorübergehenden) gesundheitlichen Beeinträchtigung und einem Dauerproblem liegt, dass die Betroffenen zwingt, ihren Job aufzugeben?
Diese Frage sorgt im Versicherungsecht immer wieder für Streit. So auch in einem Fall, den gerade das Amtsgericht Unna zu entscheiden hatte (Az: 16 C 125 /19).
Geklagt hatte ein Mann, der als technischer Leiter in einem städtischen Betrieb angestellt war. Nachdem er sich bei einem Freizeitunfall schwere Verletzungen der Brustwirbelsäule zugezogen hatte, zahlte seine Versicherung ihm etwa fünf Monate lang das bedingungsgemäß vereinbarte Krankentagegeld.
Nach dem sie einen Bericht der behandelnden Praxis erhalten hatte, wonach der Mann weiterhin und auf unbekannte Dauer arbeitsunfähig sei, stellte die Gesellschaft die Zahlungen allerdings ein. Das Argument: Der Kunde sei nicht mehr nur krank, sondern berufsunfähig.
Der Versicherte bestritt das – und zog vor Gericht. Mit Erfolg.

Die konkrete Tätigkeit entscheidet

Nachdem der Rechtsbeistand des Mannes detailliert dessen täglichen Arbeitsablauf (Schreibtischarbeit, die Betreuung anderer Mitarbeiter, Durchführung und Überwachung von Umbauarbeiten, das Einweisen von Mitarbeitern sowie das Führen von Personalgesprächen) dargestellt hatte, befand das Gericht, dass eine Berufsunfähigkeit zu verneinen sei. Es berief sich dabei unter anderem auf die ärztlichen Empfehlungen an den Erkrankten, Zwangshaltungen und schweres Heben und Tragen von Lasten zu vermeiden. Derartige Tätigkeiten seien aber für die Ausübung der konkreten Tätigkeit nicht erforderlich, so dass man auch nicht von einer Berufsunfähigkeit ausgehen können. Eine solche liege nur, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit zu mehr als 50 Prozent erwerbsunfähig ist.
Für den Kunden sprach es auch, dass ein vom Gericht bestellter Sachverständige ihn untersucht und die die ärztlichen Unterlagen ausgewertet hatte, wonach ihm im Entlassungsbericht der Reha-Klinik für seinen konkreten Beruf ein vollschichtiges Leistungsvermögen attestiert worden sei.
Dies konnte die Versicherung nicht entkräften und damit den geforderten Nachweis, dass bei dem Mann eine Berufsunfähigkeit im Sinne der Bedingungen vorgelegen habe, nicht erbringen. Die Krankentagegeldversicherung des Mannes besteht damit fort.

Kommentar von Fachanwalt Jürgen Wahl:

Selbst eine lange Arbeitsunfähigkeit begründet noch lange keine Berufsunfähigkeit. Das gilt umso mehr, als die BU stets auf die konkreten Fähigkeiten abstellt, die erforderlich sind, um weiterhin im zuletzt ausgeübten Beruf tätig sein zu können. Was den Kunden einer BU-Police mitunter zum Verhängnis wird, wirkte hier zugunsten des Klägers.

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