Hier gilt die StVO – ein bisschen

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Nimmt ein Autofahrer einem anderen die Vorfahrt und verursacht dadurch einen Unfall, ist die Schuldfrage klar? Nicht unbedingt. Das Landgericht Saarbrücken urteilte nun: Entscheidend ist, wo sich der Zusammenstoß ereignet….
Was ist dran an dem alten Kalauer, dass manche Automarken über eine „eingebaute Vorfahrt“ verfügen? Offenbar nicht viel. Das belegt ein aktuelles Urteil des Landgerichts Saarbrücken im Fall einer Mercedes-Fahrerin, die in einem Parkhaus ein „Vorfahrt gewähren“ -Schild (Verkehrszeichen 205) missachtete und deshalb mit einem von links kommenden Peugeot kollidierte.
Durch den Zusammenstoß entstand ein Schaden von gut 3.100 Euro. Dieser wurde jedoch nur zu 50 Prozent von der Versicherung der Mercedes-Fahrerin reguliert. Das Argument für den Abschlag: Weil Verkehrsschilder in einem privaten Parkhaus nicht bindend seien, gelte lediglich das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Entsprechend hätten beide Unfallbeteiligte gleichermaßen Schuld an dem Zusammenstoß, so dass der Peugeot-Fahrer auch den halben Anteil des Schadens selbst tragen müsse.
Der sah das naturgemäß anders. Schließlich war er davon ausgegangen, dass sich die Mercedes-Fahrerin an das Verkehrszeichen halten werde. Dies gelte umso mehr, weil die Frau zunächst stehen geblieben war, dann aber unvermittelt Gas gegeben und damit den Crash ausgelöst hatte. Aus diesem Grund trage sie die alleinige Schuld an der Kollision– ihre Versicherung müsse den Schaden in voller Höhe regulieren.

Wie wirken Verkehrsschilder auf privaten Grundstücken?

Vor dem Amtsgericht Saarbrücken hatte der Mann mit seinem Ansinnen zunächst keinen Erfolg: Da beide Parteien gegen die Sorgfaltspflichten des § 1 Abs. 2 StVO verstoßen hätten, sei die hälftige Haftungsverteilung angemessen, so die erstinstanzliche Entscheidung.
Die Berufungsinstanz bewertete die Sache anders. Zunächst wies das Landgericht Saarbrücken darauf hin, dass die Verwendung von Verkehrszeichen außerhalb des öffentlichen Straßenverkehrs nicht nur zulässig, sondern sogar erwünscht sei (vgl. BGH Az. I ZB 15/03). Zwar gehe von den im privaten Raum aufgestellten Schildern keine bindende Wirkung im Sinne einer straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtlichen Haftung aus. Zivilrechtlich könnten sie allerdings eine Mithaftung begründen, da ihr Regelungsgehalt im Rahmen des gegenseitigen Rücksichtnahmegebots zu beachten sei.
Demgemäß habe die Mercedes-Fahrerin im konkreten Fall einen erheblichen Sorgfaltsverstoß begangen, da sie das aus ihrer Sicht gut erkennbare Verkehrszeichen missachtet und so den Unfall verursacht hatte. Allerdings müsse beim Peugeot-Fahrer die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs berücksichtigt werden, so die Mercedes-Fahrerin am Ende mit einer Haftungsquote von 75 Prozent davonkam (Az 13 S 122/20).

Fazit von Rechtsanwalt für Verkehrsrecht, Jürgen Wahl:

Verkehrsschilder haben auf privaten Grundstücken nicht dieselbe juristische Bedeutung wie im öffentlichen Straßenverkehr: Insbesondere müssen Verkehrsteilnehmer, die sie missachten, keine straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtlichen Haftung fürchten. Nach Auffassung des Landgericht Saarbrücken begründen die Schilder aber eine erhöhte Sorgfaltspflicht. Kommt es zu einem Unfall, weil eine Anordnung missachtet wurde, kann dies zumindest eine (erhebliche) zivilrechtliche Mithaftung auslösen.

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