Tagegeld: Auch Termine beim Therapeuten gehören zur „ärztlichen Behandlung“

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Wie lange erhalten Versicherte von ihrer Unfallversicherung ein Tagegeld? Versicherer versuchen immer wieder, die Bezugsdauer zu drücken. Ein aktuelles BGH-Urteil dürfte ihnen diese Taktik jedoch deutlich erschweren.
Private Unfallversicherung zahlen ihren Kunden immer dann einen bestimmten Geldbetrag, wenn diese einen Unfall erleiden, der zu dauerhafte körperliche Schäden führt. Neben dieser Hauptleistung nach dem Motto „Geld für Invalidität“ bieten viele Assekuranzen aber auch noch Zusatzbausteine an, die die finanziellen Folgen eines Unfalls abfedern sollen.

Besonders beliebt sind Tagegeld-Leistungen. Dabei zahlt die Versicherung für eine vertraglich definierten Zeitraum eine bestimmte Summe pro Tag, um den Verdienstausfall des Unfallopfers während dieser Zeit auszugleichen.
Eigentlich ist das eine schöne Sache. Nur leider lässt sich trefflich darüber streiten, wie lange das vereinbarte Tagesgeld tatsächlich fließen muss. Einen solchen Fall hatte unlängst der Bundesgerichtshof in Karlsruhe zu entscheiden – und fällte ein Urteil zugunsten des Versicherten (Az. IV ZR 19/19).

Auch ärztlich verordnete Therapie gehören zur „ärztlichen Behandlung“

Konkret ging es um folgenden Sachverhalt: Der Versicherungsnehmer hatte sich im April 2016 bei einem Unfall einen Finger verletzt. Wegen dieses Schadens befand er sich lange in ärztlicher Behandlung. Seinen letzten Termin beim Facharzt nahm er am 16. Juni 2016 wahr. Da er immer noch über Beschwerden klagte, verschrieb ihm der Mediziner an diesem Termin zehn Einheiten Krankengymnastik.
Die Versicherung zahlte das Tagegeld dennoch nur bis zum 16. Juni aus und berief sich auf die maßgeblichen Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen. Sie enthalten zwei Voraussetzungen für die Zahlung von Tagegeld: Zum einen muss der Patient „in der Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt“ sein, zum anderen muss er sich noch „in ärztlicher Behandlung“ befinden.
Die Versicherung meinte, ebenso wie das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg, dass die Krankengymnastik nicht mehr als „ärztliche Behandlung“ zu werten sei, so dass der Mann am 16. Juni 2016 aus der ärztlichen Verantwortung entlassen worden sei und damit den Anspruch auf Tagegeld verloren habe.
Der BGH sah das anders. Nach Auffassung der Karlsruher Richter widerspricht eine solche Auslegung dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherten. Dieser werde vom Arzt verordnete Therapie-Termine, wie hier die Krankengymnastik, „regelmäßig als Teil der ärztlichen Behandlung ansehen“. Ob mit dem Arzt danach noch einmal ein Kontrolltermin vereinbart sei, dürfte für ihn hingegen keine Rolle spielen. Danach sei vom Begriff der ärztlichen Behandlung „regelmäßig die Dauer der von dem Arzt angeordneten Behandlungsmaßnahmen“ umfasst.

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