Ausschlussklauseln in Rechtsschutzversicherungen
Wenn man eine Rechtsschutzversicherung abschließt, hofft man, damit für den Fall versichert zu sein, dass juristischer Ärger droht. Allerdings kommt es nicht selten zum bösen Erwachen, wenn wirklich eine Klage vor Gericht notwendig wird oder jemand mit einem Rechtsstreit droht.
Dann zeigt sich, ob die Rechtsschutzversicherung hält, was man sich als Versicherungsnehmer von ihr verspricht. Leider ist das nicht immer der Fall. Keine Rechtsschutzversicherung deckt alle möglichen Bereiche ab.
Ausschlussbestimmungen: Was alles nicht versichert ist
Die Ausschlussbestimmungen sind in den Allgemeinen Rechtsschutzversicherungsbedingungen (ARB) festgehalten. Die einzelnen Versicherungsgesellschaften dürfen jedoch durchaus von diesen Musterbedingungen abweichen und tun dies auch. Entscheidend sind immer die im Versicherungsvertrag genannten ARB des einzelnen Versicherers.
Die Liste der Ausschlussbedingungen in § 3 ARB 2012 ist lang. Folgende Rechtsangelegenheiten sind vom Versicherungsschutz ausgenommen:
• Baurisiken sind ausgenommen, weil es sich dabei in der Regel um erhebliche Summen handelt, um die gestritten wird.
• Für den Verkauf von Bauland sowie die Planung und Errichtung eines Gebäudes besteht ebenfalls ein Ausschluss.
• Gleiches gilt für die Finanzierung einer Baumaßnahme. Dieser Ausschluss geht soweit, dass selbst Umschuldungen von Baufinanzierungen, Absprachen mit finanzierenden Lebensversicherungen oder Zwischenfinanzierungen erfasst sind.
• Einschränkungen gibt es weiterhin im Bereich des Steuer- und Abgabenrechts. Ausgeschlossen ist die Wahrnehmung Ihrer rechtlicher Interessen, soweit es um die steuerliche Bewertung von Grundstücken oder Gebäuden geht – also etwa dann, wenn das Finanzamt den Einheitswert zu hoch ansetzt und deshalb von Ihnen mehr Grunderwerbssteuer verlangt, als Sie für berechtigt halten.
• Die Abwehr von Schadenersatzansprüchen ist grundsätzlich vom Rechtsschutz ausgenommen. Wenn ein Passant bei Schnee vor Ihrem Haus ausrutscht, sich das Bein bricht und deshalb von Ihnen Schadenersatz und Schmerzensgeld fordert, sind Sie in aller Regel auf sich gestellt. Die Begründung der Versicherer klingt banal: Die Abwehr von Schadenersatzansprüchen sei Sache der Haftpflichtversicherung. Ob der Rechtsschutzversicherte überhaupt über eine Haftpflichtversicherung verfügt, ist dabei unerheblich.
Allerdings gibt es eine Ausnahme: Ausnahmsweise greift der Rechtsschutz, wenn der Schadenersatzanspruch aus einer Vertragsverletzung aus dem Arbeitsschutz, dem Wohnungsgrundrechtsschutz oder dem Vertrags- und Sachenrecht resultiert (und das Rechtsgebiet mitversichert ist).
• Familien- und Erbstreitigkeiten fallen ebenfalls unter den Ausschluss. Allerdings wird ein Beratungsrechtsschutz gewährt.
Ausgeschlossen sind damit alle erbrechtlichen Ansprüche, beispielsweise um den Pflichtteil, andererseits auch Schadenersatzansprüche gegen Nachlassverwalter, Nachlasspfleger oder Testamentsvollstrecker.
Die ausgeschlossenen Streitigkeiten im Familienrecht betreffen solche zwischen den einzelnen Familienmitgliedern ebenso wie gegenüber Dritten, beispielsweise um eine Vormundschaft, eine Pflegschaft oder die elterliche Sorge.
Nicht vom Ausschluss umfasst sind dagegen Rechtsstreitigkeiten, die im Rahmen einer eheähnlichen Gemeinschaft entstehen – sie gehören systematisch nicht in das Familienrecht.
• Spezifische gesellschaftsrechtliche Fragen sind ebenfalls ausgeschlossen. Das bezieht sich unter anderem auf Streitigkeiten aus Anstellungsverhältnissen eines gesetzlichen Vertreters juristischer Personen und damit auf Konflikte rund um einen GmbH-Geschäftsführervertrag.
• Außerdem sind Auseinandersetzungen um Kartell- und Wettbewerbsfragen ausgeschlossen. Hierzu zählen unter anderem Streitigkeiten, die durch den Vorwurf eines unlauteren Wettbewerbs entstanden sind, und damit viele Abmahnungen an Website-Betreiber.
• Ausgeschlossen sind außerdem Insolvenzverfahren.
• Gleiches gilt für Verwaltungs- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren im Falle von Halte- oder Parkverstößen. In diesem Fall zahlen Sie die Rechtsanwalts- und mögliche Gerichtskosten selbst.
• Ausgenommen vom Versicherungsschutz ist der Schutz geistigen Eigentums (also Urheberrechte, Gebrauchs- und Geschmacksmusterrechte, Warenzeichen, Patentrechte usw.) Ihnen flattert eine Abmahnung ins Haus, weil Sie illegal Kinofilme aus dem Internet heruntergeladen haben sollen? Dann greift dieser Ausschlussgrund. Gleiches gilt für Streitigkeiten um Arbeitnehmererfindungen.
• Angelegenheiten, die ursächlich mit Streik, Aussperrung, Aufruhr, inneren Unruhen oder Kriegsereignissen zusammenhängen, sind nicht mitversichert.
Gemeint ist damit unter anderem das Zusammenrotten von Menschen, um gemeinschaftlich Gewalttaten gegenüber Sachen oder Menschen zu verüben. Wenn es bei einer gewalttätigen Demonstration oder durch randalierende Fußball-Hooligans zu Sachschäden an Ihrem Eigentum kommt, zahlt der Rechtsschutzversicherer Ihren Anwalt in der Regel nicht.
Kommt es im Zusammenhang mit Streik und Aussperrung zum Rechtstreit um Lohnzahlungen oder eine Kündigung, gilt das Gleiche.
• Weiter sind Nuklearschäden sowie daraus resultierende genetische Schäden vom Rechtsschutz ausgenommen. Dies gilt etwa für Nuklearschäden, die durch Störfälle in Atomkraftwerken verursacht werden. Anders ist es, wenn der Erbgut-Schaden durch eine medizinische Behandlung (Bestrahlung) eingetreten ist, dann besteht grundsätzlich Versicherungsschutz.
• Auch Spiel, Wette, Termin- und Spekulationsgeschäfte sind von dem Ausschluss erfasst. Das gilt beispielweise für staatliche Lotterien (wie Lotto, Fußballtoto, Rennwetten oder Klassenlotterien).
• Und schließlich gibt es für vorsätzlich begangene Straftaten keinen Versicherungsschutz.
Die Liste ist keinesfalls abschließend. Man könnte noch etliche Punkte hinzufügen, wir haben uns hier auf das Wesentliche beschränkt.
Ausgeschlossen: Der Streit mit dem eigenen Rechtsschutzversicherer
Wenn man sich die oben aufgeführte Liste betrachtet, wird schnell klar, wie schnell es zu Rechtstreitigkeiten aufgrund der eigenen Rechtsschutzversicherung kommen kann. Ist die Streitigkeit, mit der man selbst aktuell zu tun hat, von den Ausschlusstatbeständen erfasst? Muss der Versicherer für die Rechtskosten aufkommen, oder bleibt man darauf sitzen?
Dass die Rechtsschutzversicherung selbst zum Gegenstand von juristischen Auseinandersetzungen wird, passiert öfter, als man vielleicht denkt. Diese fallen dann allerdings ebenfalls unter die Ausschlusstatbestände. Die Versicherungsgesellschaften haben wenig Neigung, einen gegen sich selbst gerichteten Rechtsstreit zu ermöglichen.
Ausschlussklauseln sind nicht in Stein gehauen – Gegenwehr kann sich lohnen
Allerdings zeigt sich immer wieder, dass nicht alle Ausschlüsse, die in den Versicherungsbedingungen festgeschrieben sind, vor Gericht standhalten.
So hat beispielsweise der Bundesgerichtshof in zwei Urteilen (BGH, 08.05.2013 – IV ZR 84/12 und IV ZR 174/12) Ausschlussklauseln gekippt, die die Leistungspflicht des Rechtsschutzversicherers beim Streit um Kapitalanlagen verhindern sollten. Konkret ging es um eine Effekten- und eine Prospekthaftungsklausel. Die Richter haben die Klauseln für unwirksam erklärt, weil sie für den Laien nicht ausreichend klar und verständlich waren: Nicht jeder Versicherungsnehmer weiß, was sich hinter dem Begriff „Effekten“ verbirgt.
Gescheitert ist auch ein Rechtsschutzversicherer, der seine Versicherungsnehmer vor der Erhebung einer (weitaus kostenträchtigeren) Klage zu einem Mediationsversuch zwingen wollte. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat in seinem Urteil (OLG Frankfurt, 09.04.2015 – 6 U 110/14) einer derartigen Klausel eine klare Absage erteilt.
Diese Beispiele belegen, dass man Ausschlussklauseln, die die Rechtsschutzversicherer in ihren Versicherungsverträgen verwenden, nicht einfach und immer akzeptieren muss. Es gibt durchaus Fälle, in denen die Gegenwehr lohnt und der Versicherungsnehmer die Versicherungsgesellschaft dazu zwingen kann, seine Rechtskosten zu übernehmen.
Haben Sie selbst Ärger, weil Ihr Rechtsschutzversicherer nicht zahlen will? Wie es um die Aussichten in Ihrem konkreten Fall steht, kann Ihnen ein Fachanwalt für Versicherungsrecht schnell sagen.
Es ist sinnvoll, solche Fragen mit einem Anwalt zu klären, der sich beim Thema Rechtsschutzversicherungen tatsächlich von Grund auf auskennt. Der Fachanwalt wird sie einerseits davor bewahren, Ihre Ansprüche vorschnell aufzugeben. Andererseits sorgt er dafür, dass Sie kein Geld in sinnlose Auseinandersetzungen investieren.
Rechtsanwalt Jürgen Wahl ist Fachanwalt für Versicherungsrecht und Fachanwalt für Medizinrecht. Sie erreichen ihn unter der Telefonnummer 069 8237 6642 oder per E-Mail unter info@ra-med.de
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