Wann Versicherungsgesellschaften an der Preisschraube drehen dürfen
Private Krankenversicherer müssen sich an strenge Vorgaben halten, wenn sie die Beiträge erhöhen wollen. Soweit die gute Nachricht. Die schlechte: Ob die Gesellschaften die Regeln einhalten, lässt sich vor Gericht nur eingeschränkt überprüfen.
Luxusmedizin statt Standardversorgung – und das auch noch günstiger als in der Kasse: So oder so ähnlich werben viele private Krankenversicherungen um junge, gesunde Kunden. Vielfach aber können die frischgebackenen Privatpatienten ihr Leben auf der vermeintlichen Sonnenseite des Gesundheitssystems nicht dauerhaft genießen. Etliche kämpfen regelmäßig mit Beitragserhöhungen im zweistelligen Prozentbereich. Und während Kassenpatienten bei einer Erhöhung der Beiträge problemlos zu einem anderen Anbieter überlaufen können, müssen Privatversicherte ihrer Gesellschaft meist die Treue halten, da ein Wechsel meist mit hohen finanziellen Verlusten einher geht.
Papier ist geduldig
Wohl auch deshalb müssen die Gesellschaften strikte Regeln beachten, wenn sie von ihren Kunden mehr Geld verlangen wollen. „Die erste Voraussetzung für eine rechtmäßige Beitragserhöhung ist, dass die Gesundheitskosten gestiegen sind, die Gesellschaft also nachweislich mehr Geld für die Versorgung ihrer Kunden ausgeben hat als bisher“, sagt Jürgen Wahl, Fachanwalt für Versicherungsrecht in Offenbach und Hanau. „Im nächsten Schritt muss ein unabhängiger Treuhänder die Erhöhung prüfen und ihr zustimmen. Und zu guter Letzt muss die Gesellschaft die Erhöhung für den Versicherungsnehmer nachvollziehbar begründen.“ Eigentlich.
Denn in der Praxis zeigt sich immer wieder, dass die Gesellschaften zwar schnell dabei sind, ihre Kunden zur Kassen zu bitten, die notwendigen Voraussetzungen aber recht lax interpretieren. Erst im Dezember musste der Bundesgerichtshof wieder die Rechtmäßigkeit von Beitragserhöhungen prüfen. In gleich in zwei Verfahren entschied er zugunsten der Kunden und bescherte diesen kurz vor Weihnachten eine Erstattung der zu viel gezahlten Prämien. Das Argument: Die Mitteilungen über die Prämienanpassungen waren unzureichend.
Nicht jeder Fehler ist ein Fall für die Justiz
Streit gibt es auch immer wieder über die Unabhängigkeit der Treuhänder, denen von Instanzgerichten bereits eine zu große Nähe zu den Gesellschaften attestiert wurde. So hat etwa das Landgericht Potsdam vor einiger Zeit die Beitragserhöhungen der Axa vom 1. Januar 2012 und 1. Januar 2013 für unwirksam erklärt, weil der damalige Treuhänder nicht unabhängig gewesen sei (Az.: 6 S 80/16).
Vor dem BGH hatte die Entscheidung allerdings keinen Bestand. Die Karlsruher Richter befanden vielmehr, dass die Unabhängigkeit des Treuhänders nicht durch die Zivilgerichte überprüft werden könne, sondern ausschließlich durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erfolgen müsse (Az.: IV ZR 255/17). Versicherte könnten daher zivilrechtlich nur prüfen lassen, ob Beitragsänderungen entsprechend den Vorschriften erfolgt sind.
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