Teilschließung wegen Corona: Etappensieg für die Haftpflichtkasse

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Eine bayerische Kita muss im ersten deutschen Lockdown schließen, bietet aber noch eine Notbetreuung für sechs bis zwölf Kindern an. Ein Fall für die Betriebsschließungsversicherung?

Der Rechtsstreit „Unternehmen gegen Betriebsschließungsversicherung“ hat sich in der Corona-Pandemie zum modernen Klassiker gemausert. Wer in diesem Drama langfristig die Rolle des Siegers übernehmen wird, ist allerdings noch offen. Nachdem das LG München I unlängst ein viel beachtetes Urteil zugunsten eines Gastronomen fällte, konnte im jüngsten Urteil zu diesem Thema die Haftpflichtkasse einen Sieg erringen – ebenfalls vor dem Landgericht München I (Az.: 12 O 7208/20).
Im konkreten Fall ging es um die Klage einer privaten Münchener Kindertagesstätte (Kita). Um die Corona-Pandemie einzudämmen, hatte die Einrichtung (aufgrund der vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege am 13.03.2020 erlassenen Allgemeinverfügung) schließen müssen. Sie bot aber im Rahmen der geltenden Verordnungen eine Notbetreuung an, so dass sich regelmäßig noch sechs bis zwölf Kindern in Betreuung befanden.

Wann ist eine Schließung eine Schließung?

Die Kita forderte ihre Betriebsschließungsversicherung daraufhin zur Zahlung von 150.000 Euro auf. Der Vertrag mit der Haftpflichtkasse sah einen Tagessatz von 5.000 Euro für bis zu 30 Tage vor. Als Argument führte der Betreiber an, dass die Einrichtung trotz der Notbetreuung im Sinne der Versicherungsbedingungen geschlossen gewesen sei. Andere Urteile, etwa zu BSV-Schäden in der Gastronomie, hätten gezeigt, dass es trotz Aufrechterhaltung einzelner Betriebsteile eine faktischen Schließung vorliege, die einer vollständigen Schließung gleichkomme.
Die Haftpflichtkasse hielt dagegen. Da bereits die Anordnung an sich keine vollständigen Schließung vorgesehen habe, komme es im Ergebnis nicht darauf an, wie viele Kinder in der Kita betreut worden seien. Ein Zahlungsanspruch sei deshalb zu verneinen.
Dieser Sichtweise folgte am Ende das Gericht.

Der Name ist Programm – auch bei Versicherungsprodukten

Bereits die Bezeichnung „Betriebsschließungsversicherung“ lege nahe, dass es sich nicht um eine „Betriebseinschränkungsversicherung“ oder eine „Teilschließungsversicherung“ handle, so das LAG München I.
Überdies habe Teilschließung der Kita auch nicht zu einer faktischen Schließung geführt. Bei einer solchen ist der Geschäftsbetrieb so stark eingeschränkt, dass die Fixkosten für den laufenden Betrieb höher sind als der Umsatz, der sich über den Teilbetrieb erzielen lässt. In einer solchen Konstellation ist es wirtschaftlich sinnvoller, den Betrieb vollständig einzustellen.
Bei der Kita lagen die Dinge jedoch anders, da sich mit der Zahl der zu betreuenden Kinder auch die Personalstärke deutlich verringert hatte. Eine faktische Schließung sei daher zu verneinen.

Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Versicherungsrecht:

Klagen gegen Betriebsschließungsversicherungen werden die Gerichte noch viel beschäftigen. Streit gibt es nicht nur zum hier behandelten Problem, wann genau eigentlich eine Betriebsschließung vorliegt. Auch die Frage, ob ein Versicherer von seiner Leistungspflicht frei wird, weil Covid-19 nicht per Gesetz, sondern nur durch eine Verordnung seit dem 01. Februar 2020 im Infektionsschutzgesetz (IfSG) aufgelistet ist, ist noch ungeklärt. Klar sein dürfte inzwischen aber zumindest, dass die Schließung eines Betriebs durch eine präventive Allgemeinverfügung einen Versicherungsfall auslösen kann. Viele Gesellschaften haben die Leistung verweigert, weil keine behördliche Anordnung zur Schließung des konkret versicherten Betriebs vorlag. Dieses Argument hat das Landgericht München I verworfen.

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