Falsche Angaben zur Fahrleistung: Wann Kfz-Versicherungskunden eine Vertragsstrafe droht
Grundsätzlich gilt in der Kfz-Versicherung das Prinzip: Wer weniger fährt, muss weniger zahlen. Deshalb ist mancher Kunde geneigt, seine Jahreskilometerzahl beim Abschluss der Police sehr konservativ zu schätzen. Doch welche Folgen hat es, wenn die Zahl erkennbar zu niedrig ist?
Darf eine Versicherungsgesellschaft auf Basis ihrer Allgemeinen Bedingungen für die KFZ-Versicherung (AKB) eine Vertragsstrafe verlangen, wenn ein Kunde die maximale Fahrleistung pro Jahr überschreitet und dies nicht anzeigt? Diese Frage hatte die 16. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Koblenz zu beantworten – und entschied zugunsten des Versicherungsnehmers (Az. 16 S 2/21).
Im konkreten Fall ging es um einen Mann, dessen Auto laut Vertrag mit einer Fahrleistung von höchstens 15.000 Kilometern pro Jahr versichert war. Im Rahmen einer Unfallregulierung wurde ein Sachbearbeiter der Versicherung dann darauf aufmerksam, dass der Kunde deutlich mehr gefahren war. Die Gesellschaft verlangte daraufhin eine Vertragsstrafe von 500 Euro und berief sich auf ihre AKB.
Der Fall wurde streitig.
Niedrige Fahrleistung – niedrige Prämien
Vor dem LG Koblenz konnte sich die Versicherung mit ihrer Forderung allerdings nicht durchsetzen. Das Gericht kippte stattdessen die Klausel in den AKB, da diese den Versicherungsnehmer unangemessen benachteilige. Die Höhe der Vertragsstrafe sei im Verhältnis zum Verstoß und dessen Folgen unverhältnismäßig hoch. Dabei hat die Kammer bereits berücksichtigt, dass die zugrunde gelegte Fahrleistung mit Prämienvorteilen korrespondiert.
Einen generelle Absage an jegliche Vertragsstrafen sprach das Gericht allerdings nicht aus. Im Gegenteil. Eine Vertragsstrafe bei Verstößen sei grundsätzlich möglich, wenn der Versicherungsnehmer nicht anzeige, dass er die vereinbarte Leistung überschritten hat. Ansonsten könne er unangemessen niedrige Jahreskilometerangaben machen, um eine möglichst niedrige Versicherungsprämie zu zahlen.
Nach Meinung des LG sehen die Musterbedingungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft allerdings nur eine Vertragsstrafe bei einer vorsätzlich zu niedrig angegebenen Kilometerzahl pro Jahr vor. Die Vertragsbedingungen der Versicherung im aktuellen Fall bezogen sich hingegen auch auf fahrlässiges Verhalten. Dementsprechend wäre bei einer nicht gemeldeten Überschreitung von nur einem Kilometer bereits die volle Vertragsstrafe fällig geworden. Das stelle eine unangemessene Benachteiligung für den Versicherungsnehmer dar.
Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Versicherungsrecht:
Das Urteil ist zu begrüßen, sollte Versicherungskunden allerdings nicht dazu verleiten, die vertragliche vereinbarte Laufleistung nur als Richtgröße zu interpretieren. Zudem ist es nicht nur ratsam, eine höhere als die vereinbarte Kilometerzahl zu melden. Auch eine geringere Fahrleistung sollte der Gesellschaft mitgeteilt werden, da sich auf diese Weise womöglich die Prämien senken lassen.
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