Unfallversicherung: Querschnittslähmung kein Unfall – oder doch?

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Versicherungen und ihre Kunden haben nicht immer dieselbe Meinung darüber, wann der Versicherungsfall eintritt. Dass es sich lohnt, vor Gericht zu ziehen, beweist der folgende Fall aus Nordrhein-Westfalen.
Wenn durch eine erhöhte Kraftanstrengung an Gliedmaßen oder Wirbelsäule ein Gelenk verrenkt wird oder aber Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln gezerrt oder zerrissen werden, muss die private Unfallversicherung den Schaden regulieren. Bandscheibenschädenvorfälle hingegen sind nur mitversichert, wenn sich die Verletzung unmittelbar auf einen Unfall zurückführen lässt. Wann das der Fall ist, darüber lässt sich streiten.
So auch in einem tragischen Fall, über den vor Kurzem das Landgericht Dortmund zu entscheiden hatte. Im konkreten Fall ging es um eine Forderung an die Unfallversicherung bei Bandscheibenvorfall, der die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (Stand 2011) zu Grunde lagen. Darin heißt es unter anderem, dass Leistungen bei Schäden an Bandscheiben sowie Blutungen aus inneren Organen und Gehirnblutungen ausgeschlossen seien. Versicherungsschutz bestünde jedoch, wenn ein unter den Vertrag fallendes Unfallereignis die überwiegende Ursache des Vorfalles sei.

Querschnittslähmung durch Abnutzung?

Streitig war nun, ob diese Ausnahmeregel im Fall eines Versicherten griff, der beim Schmücken des Weihnachtsbaums von der Leiter fiel und rückwärts mit dem Kopf gegen die Wand schlug. Der Mann ist seither vom Hals abwärts querschnittsgelähmt und wird nach einer Notoperation im Pflegeheim versorgt.
Nach Zahlung eines Vorschusses in Höhe von 12.000 Euro verweigerte die Versicherung weitere Leistungen und berief sich auf den vertragsgemäßen Ausschluss von Bandscheibenschäden. Dabei argumentierte die Gesellschaft, nicht der Sturz von der Leiter sei die Hauptursache für den Bandscheibenschaden, sondern unfallfremde Verschleiß- und Abnutzungserscheinungen. Entsprechend sei auch die Querschnittslähmung nicht überwiegend durch den Unfall eingetreten. Es bestünden vielmehr deutlich über das altersgemäße Maß hinausgehende Schädigungen an der Halswirbelsäule, die mit einem Mitwirkungsanteil gemäß Ziffer 3 AUB 2011 in Höhe von mindestens 80 Prozent zu berücksichtigen seien.

Mehrere Gutachten widersprechen der Ansicht des Versicherers

Dagegen wehrte sich der Mann – mit Erfolg. Sowohl ein Privatgutachter als auch der gerichtliche Sachverständige kamen zu dem Ergebnis, dass der Unfall die überwiegende Ursache der Bandscheibenschädigung gewesen war, die am Ende die Querschnittslähmung ausgelöst hatte. Der Operateur des Mannes bestätigte ebenfalls, dass es sich nicht um einen klassischen Bandscheibenvorfall im Sinne der Versicherungsbedingungen handelte. Denke man sich die degenerativen Veränderungen weg, hätte der Unfall mit höchster Wahrscheinlichkeit zu dem gleichen Ergebnis geführt.
Am Ende erhielt der Kunde die gesamte Invaliditätsleistung, auch zahlte die Versicherung die offenen Rentenzahlungen und die Kosten für den privaten Sachverständigen. Das Landgericht Dortmund hat durch Beschluss (Az: 2 O 86/19) zudem festgestellt, dass die Gesellschaft auch die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.

Fazit von Fachanwalt für Versicherungsrecht Jürgen Wahl:

Wenn Versicherungsgesellschaften in schicksalshaften Situationen die Leistung verweigern, ist das für die Betroffenen aus mehreren Gründen fatal. Zur emotionalen Ausnahmesituation kommen meist auch noch finanzielle, oft sogar existenzielle Sorgen hinzu. Umso wichtiger ist es, sich in einer solchen Lage schnell fachkundige Hilfe zu besorgen. Ein Fachanwalt für Versicherungsrecht kann Ihnen helfen, Ihre Rechte auch gegen den Widerstand eines vermeintlich übermächtigen Gegners durchzusetzen.

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