Private Krankenversicherung: Gesellschaften dürfen sich nicht hinter namenlosen Gutachtern verstecken

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Informationen aus anonymen Quellen haftet stets etwas Fragwürdiges an. Auch deshalb haben Versicherte ein Recht darauf, Einsicht in Gutachten zu erhalten, die ihre Gesellschaft – etwa zur Notwendigkeit einer ärztlichen Behandlung – erstellen lässt.

Dass Versicherungen medizinische Gutachter brauchen, um komplexe fachliche Fragen zu bewerten und auf Basis der Antworten eine Entscheidung zugunsten oder zulasten des Kunden zu treffen, ist selbstverständlich. Allerdings müssen die Assekuranzen sich dabei an bestimmte Spielregeln halten. Das gilt sowohl bei der Auswahl des Gutachters als auch bei dessen Stellung im Verfahren.

Nicht zulässig ist es zum Beispiel, Versicherte lediglich mit den Ergebnissen eines von der Gesellschaft eingeholten Gutachtens zu konfrontieren, ohne ihnen Einsicht in das besagte Gutachten zu gewähren. Dies gilt auch dann, wenn der Sachverständige den Kunden nicht körperlich untersucht hat (vgl. BGH, Az: IV ZR 418/02).

Mein Name tut nichts zur Sache

In der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes ging es um eine privat versicherte Patientin, die sich von einer Heilpraktikerin behandeln ließ und die Rechnungen bei ihrer Versicherung eingereicht hatte. Diese allerdings wollte die Kosten nur teilweise übernehmen. Zur Begründung führte die Assekuranz aus, sie habe die Rechnungen ihrem medizinischen Berater zur Begutachtung vorgelegt und dieser halte bestimmte Therapien nicht für medizinisch notwendig.

Die Patientin bat daraufhin darum, einem von ihr benannten Arzt Einsicht in das Gutachten zu gewähren. Die Gesellschaft lehnte dies ab. Ihr Argument: Um sich eine feste Einstellung von Beratungsärzten zu ersparen, hole sie den Rat mehrerer Ärzte verschiedener Fachrichtungen als freie Mitarbeiter ein. Diesen sei jedoch daran gelegen, namentlich nicht genannt zu werden. Daher habe man ihnen Vertraulichkeit zugesichert. Wenn die Gesellschaft, gleichwohl deren Identität offenlegen müsste, würde sie ihre Berater verlieren.

Die Kundin wollte das nicht hinnehmen. Sie klagte – und errang vor dem Bundesgerichtshof einen Erfolg.

Kompetenz des Gutachters muss überprüfbar sein

Die Karlsruher Richter beriefen sich in ihrer Entscheidung unter anderem auf die Regelung des Paragrafen 178 m Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes. Danach ist der Versicherer verpflichtet, „auf Verlangen des Versicherungsnehmers oder jeder versicherten Person einem von ihnen benannten Arzt Auskunft über und Einsicht in Gutachten zu geben, die er bei der Prüfung seiner Leistungspflicht über die Notwendigkeit einer medizinischen Behandlung eingeholt hat.“ Diesen Vorgaben habe die Gesellschaft im vorliegenden Fall nicht genügt.

Wenn der Versicherer ein Gutachten einhole, um sich in einer Zweifelsfrage Gewissheit zu verschaffen, bedürfe es dazu eines unbefangenen und fachlich geeigneten Sachverständigen. Fehle es daran, könne das Gutachten seinen Zweck nicht erfüllen. Unter diesem Gesichtspunkt ergebe es keinen Sinn, wenn der Versicherer die Identität des Sachverständigen geheim halten möchte. „Erst die umfassende Kenntnis des Gutachtens einschließlich seines Urhebers erlaubt dem Versicherten eine sachgerechte Beurteilung der Frage, ob der Anspruch auf Kostenerstattung Aussicht auf Erfolg hat.“

Kommentar von Jürgen Wahl, Fachanwalt für Versicherungsrecht:

Das Urteil des BGH ist heute noch genauso aktuell wie am Tag der Entscheidung, denn nach wie vor gibt es Fälle, in denen Versicherer ihren Kunden relevante Informationen vorenthalten. Sie haben Zweifel, ob die Kommunikation Ihrer Gesellschaft den rechtlichen Anforderungen genügt? Ein spezialisierter Rechtsanwalt kann Ihnen helfen, Ihre Rechte zu wahren und berechtigte Ansprüche durchzusetzen.

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