So teuer können vorgetäuschte Krankheiten werden

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Tricksereien und falsche Traumata: Warum ein Versicherter 1,1 Millionen Euro inklusive Zinsen an seine Krankentagegeldversicherung zurückzahlen muss.
Psychische Krankheiten nehmen zu und gehören mittlerweile zu den Hauptursachen, derentwegen Menschen (vorübergehend oder dauerhaft) aus dem Berufsleben scheiden. Entsprechend war der Fall eines heute 45-jährigen Versicherungsnehmers auch erst einmal nichts Besonderes. Der Mann hatte es in seiner Karriere mehrfach in die Führungsetage geschafft und gut verdient. Allerdings ließ er sich im Laufe seines beruflichen Werdeganges auch immer wieder arbeitsunfähig schreiben. Als Ursache gab er an, dass er nach diversen Überfällen bzw. Verkehrsunfällen unter psychischen Problemen leide. Seine Krankentagegeldversicherung zahlte für die dadurch entstehenden Auszeiten innerhalb von neun Jahren insgesamt 898.700 Euro.
Hellhörig wurde die Assekuranz erst, als sie erfuhr, dass der vermeintlich traumatisierte Manager während seiner diversen Arbeitsunfähigkeiten Medizin studiert und den Studiengang erfolgreich abgeschlossen hatte. Für die Versicherung ein klarer Betrug. Sie klagte auf Rückzahlung der gewährten Leistungen – mit Erfolg (Az. 3 0 440/19)

Wer studieren kann, kann auch arbeiten

Das Landgericht Hildesheim befand, dass der Kunde die Krankentagegeldzahlungen durch einen fortgesetzten Betrug zum Nachteil der Versicherung erlangt habe, indem er die Gesellschaft über seine (tatsächlich nicht bestehende) Arbeitsunfähigkeit getäuscht habe. Dafür sei er jeweils gut dotierte Arbeitsverhältnisse eingegangen. Kurz darauf habe er jeweils (echte oder erfundene) Ereignisse Überfälle und Verkehrsunfälle zum Anlass genommen, sich für längere Zeiten krankschreiben zu lassen und in dieser Zeit studiert. Nach Wechsel der Arbeitsverhältnisse und Anpassung des Krankentagegelds an das verbesserte Einkommen habe er dieses Vorgehen wiederholt, um sein Studium fortsetzen zu können.
Der Argumentation des Verteidigers, das Medizinstudium habe eine therapeutische Wirkung auf seinen Mandanten gehabt und ihm geholfen, mit den erlittenen Traumata fertigzuwerden, folgte das Gericht nicht. Seiner Meinung nach widerlegt das erfolgreiche Durchlaufen des Medizinstudiums trotz der vorgetragenen massiven psychischen Krankheitssymptome eine vollständige Arbeitsunfähigkeit.

Fast 200 000 Euro allein für Zinsen

Auch das Prozessverhalten ließ nach Auffassung der Kammer keine andere Einschätzung zu. Der beklagte Versicherungsnehmer war – trotz entsprechender Aufforderung – zu keinem der beiden Termine zur mündlichen Verhandlung erschienen.
So entschied das Gericht, dass der Mann neben dem Ursprungsbetrag von knapp 900.000 Euro auch für die Zinsen in Höhe von fast 200.000 Euro aufkommen muss. Zudem erwartet ihn ein Strafprozess wegen Betrugs. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Bislang ist kein Rechtsmittel eingegangen, aufgrund des späteren Zustellungszeitpunktes läuft die Frist allerdings auch noch bis Mitte Januar.

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