Krebs allein macht noch nicht berufsunfähig

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Wann genau liegt eine Berufsunfähigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen vor? Und wieviel Fachwissen darf der Versicherer bei deren Formulierung voraussetzen?

Eine Krebsdiagnose ist für die Betroffenen stets ein Schock – und sie führt vielfach dazu, dass sich die Erkrankten langwierigen und strapaziösen Krebstherapien unterziehen müssen. Doch geht damit auch stets eine Berufsunfähigkeit einher?

Mit dieser Frage hatte sich vor Kurzem das Oberlandesgericht (OLG) Dresden zu befassen – und entschied im konkreten Fall zulasten einer an Brustkrebs erkrankten Patienten (Az. 4 U 673/22)

Langfristige Arbeitsunfähigkeit

Wegen der folgenschweren Diagnose war die Frau vom 13.12.2017 bis 23.09.2018 durchgehend arbeitsunfähig. Im Februar 2018 ist haben die Behörden zudem eine Schwerbehinderung von 50 Prozent anerkannt.

Im Juni 2018 beantragte sich die Patientin zudem bei ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung die Zahlung der vereinbarten Rente. Die Gesellschaft allerdings lehnte ab. Ihr Argument. Die gesundheitlichen Einschränkungen der Kundin seien nicht dauerhaft. Zwar stelle Brustkrebs eine schwere Erkrankung dar. Dennoch könne bei Tumorpatienten nicht ohne weiteres von einer dauernden Einschränkung der Berufsfähigkeit ausgegangen werden. Die Diagnose Krebs führe daher nicht zwangsläufig zu einer dauerhaften Berufsunfähigkeit.

Die Patientin wollte diese Entscheidung nicht hinnehmen. Sie wandte ein, dass es auf die Dauerhaftigkeit der Berufsunfähigkeit nicht ankomme, da dies sei dem Wortlaut der Bedingungen nicht zu entnehmen sei. Dort hieß es:

„Als berufsunfähig ist derjenige anzusehen, der durch körperliche Gebrechen oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte unfähig ist, eine seiner Vorbildung und seiner bisherigen Tätigkeit entsprechenden Beschäftigung auszuüben. Berufsunfähigkeit ist anzunehmen, wenn die Berufsfähigkeit um mehr als die Hälfte herabgesetzt ist.“

Nicht jede (schwere) Krankheit führt automatisch zu einer Berufsunfähigkeit

Vor dem OLG Dresden hatte die Frau mit Ihrem Vorbringen allerdings keinen Erfolg. Das Gericht befand vielmehr, dass dem Begriff der „Berufsunfähigkeit“ das Merkmal der Dauerhaftigkeit stets innewohne, auch wenn er in den Versicherungsbedingungen nicht ausdrücklich erwähnt sei. Aus dem Sinnzusammenhang könne jeder Versicherungsnehmer entnehmen, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht bei jeder Erkrankung zahlen müsse, „mag sie auch schwer sein und eine gewisse Zeit andauern“.
Schon im normalen Sprachgebrauch werde zwischen den Begriffen der Arbeitsunfähigkeit und der Berufsunfähigkeit unterschieden. Während ersterer einen gesundheitlichen Zustand beschreibe, der „nur vorübergehender Art ist und die Wiederaufnahme der Berufsausübung erwarten lässt“, sei dies bei einer Berufsunfähigkeit nicht der Fall. Wörtlich führte das Gericht dazu aus: „Würde man auf das Merkmal der Dauerhaftigkeit verzichten, so müsste die Berufsunfähigkeitsversicherung auch im Falle von vorübergehenden Erkrankungen, wie z. B. grippalen Infekten oder Frakturen Rentenzahlungen erbringen.“

Auch einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer müsse aber bewusst sein, dass diese Art der vorübergehenden Erkrankungen nicht vom Versicherungsumfang umfasst, sein sollen. Eine BU-Rente stand der krebskranken Frau daher nicht zu.

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